Die beiden Parteichefs der AfD, Tino Chrupalla und Alice Weidel, haben derzeit nicht viel zu lachen.
Die beiden Parteichefs der AfD, Tino Chrupalla und Alice Weidel, haben derzeit nicht viel zu lachen.
REUTERS/Liesa Johannssen

Gejohle und Gelächter – das kommt während der Debatten im Deutschen Bundestag nicht selten vor. Oft hört man es aus der AfD-Fraktion, die im Hohen Haus, vom Rednerpult gesehen, ganz rechts angesiedelt ist. Und meist geht es gegen die Parteien der Ampelkoalition.

Doch am Donnerstagnachmittag herrschen im Plenum umgekehrte Verhältnisse. Die AfD selbst ist ins Visier der anderen Parteien geraten und wird von diesen massiv kritisiert. "Der Fisch stinkt vom Kopf, vom Bundesvorstandskopf", ruft der grüne Abgeordnete Konstantin von Notz in Richtung der AfD-Abgeordneten und bekommt dafür viel Applaus.

Eine "aktuelle Stunde" zum Thema "Bedrohung unserer Demokratie – Russland, China und die Rolle der AfD" haben SPD, Grüne und FDP auf die Tagesordnung gesetzt. Angesichts der Vorwürfe gegen die AfD-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl will die Ampel die AfD an diesem Tag im Parlament nicht ignorieren.

Der EU-Abgeordnete Maximilian Krah (AfD) ist nun selbst ins Visier der Ermittler geraten. Zunächst war ja, am Montag, sein Mitarbeiter verhaftet worden. Der Verdacht: Er soll für China im EU-Parlament spioniert und in Deutschland die chinesische Oppositionsbewegung ausgespäht haben.

Krah erklärte zunächst, vom Treiben seines Mitarbeiters nichts gewusst zu haben. Er trennte sich auch von ihm und einigte sich mit der AfD-Spitze auf ein eher kurioses Vorgehen: Der 47-Jährige bleibt Spitzenkandidat für die EU-Wahl am 9. Juni, aber tritt beim Wahlauftakt am Samstag im baden-württembergischen Donaueschingen nicht auf und wird sich auch sonst im Wahlkampf zurückhalten.

"Ein Blindgänger"

Kaum war dies vereinbart, wurde bekannt: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat zwei Vorermittlungsverfahren gegen Krah eingeleitet. Es geht um angebliche Zahlungen aus prorussischen und aus chinesischen Quellen an Krah. Dieser steht nicht nur wegen seiner China-Connections unter Beschuss. Bei einem Besuch in den USA hat ihn das FBI zu prorussischen Kontakten befragt.

Die Angelegenheit bringt nun zunehmend die beiden Parteichefs – Alice Weidel und Tino Chrupalla – parteiintern in die Bredouille. So erklärte der AfD-EU-Abgeordnete Nicolaus Fest, die Hauptverantwortung läge bei Weidel und Chrupalla: "Sie wurden mehrfach darauf hingewiesen, dass dies ein, ich sag mal: Blindgänger ist, der jederzeit hochgehen kann", sagte er im RTL-Nachtjournal über Krah. Doch die Chefs hätten sich über die Warnungen hinweggesetzt.

Auch die AfD-EU-Abgeordnete Silvia Limmer meinte im Deutschlandfunk: "Man duckt sich weg und übernimmt nicht die politische Verantwortung. Und das ist insoweit verstörend, weil die Vorwürfe oder die Ungereimtheiten um die Person Maximilian Krah dem Bundesvorstand in Gänze bekannt waren."

Auch im Bundestag, im Rahmen der aktuellen Stunde, bekommen Chrupalla und Weidel ihr Fett ab. Der Grüne von Notz erinnert an die Inschrift "Dem Deutschen Volke" auf dem Reichstagsgebäude. Daraus ergebe sich eine Verpflichtung für die Abgeordneten. "Ihr Laden, Herr Chrupalla, dient dem russischen Präsidenten. Die AfD ist eine Schande für unser Haus und für das ganze Land", sagt der grüne Fraktionsvize.

"Alternative für Diktatoren"

Mechthilde Wittmann (CSU) wirft der AfD vor: "Sie wollen ein anderes Deutschland, einen autoritären und diktatorischen Staat auch hier einrichten." Das würde sich die AfD auch von Diktatoren finanzieren lassen, dafür sei ihr "keine Wählertäuschung zu schade". Der Name "AfD" stehe für "Abstieg für Deutschland", sagt Philipp Amthor von der CDU. Der SPD-Abgeordnete Sebastian Hartmann hat wieder eine andere Assoziation: "Alternative für Diktatoren".

Für die AfD spricht kein Prominenter und auch keine Prominente, sondern der weniger bekannte Abgeordnete Stefan Keuter. Er wirft den anderen Parteien vor, nur vom eigenen Versagen ablenken und die AfD "beschädigen" zu wollen. "Haben Sie vor der Opposition in diesem Hohen Hause so viel Angst?", fragt er und betont, dass es für die Vorwürfe keine Belege gebe.

Dann stellt er, mit Bezug auf den inhaftierten Mitarbeiter von Krah – einen Deutschen chinesischer Abstammung –, noch eine Frage: "Prüfen Sie eigentlich, wen Sie hier einbürgern? Warum haben Sie uns nicht über angebliche Spionage informiert?" An wen genau sich die Frage richtet, bleibt unklar. Keuter jedenfalls erntet viel Gelächter. Applaus hingegen gibt es für den Grünen Omid Nouripour, der Richtung AfD sagt: "Ich kann ihnen versprechen, wir kriegen sie klein." (Birgit Baumann aus Berlin, 25.4.2024)