Seit der Corona-Pandemie hat Lenas Substanzkonsum stark zugenommen.
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Ketamin ist ein wirkungsvolles Narkosemittel, das Mediziner für Lokalanästhesien verwenden und das auch gegen Depressionen hilft. Für Lena ist es ein zentraler Teil ihres Lebens. Die 20-Jährige schnupft das weiße Pulver in kleinen Mengen, wenn sie auf eine Party geht oder entspannen will, in größeren, wenn sie verzweifelt ist und nichts mehr von der Welt wahrnehmen möchte.

Dann fällt sie in das sogenannte K-Hole: "Ein Meer aus Honig und Wärme, aus Mustern und Farben, die man sich nicht erträumen kann", schildert sie begeistert. Ganz ohne Ketamin kommt sie gar nicht mehr aus. "Ich bin es einfach gewöhnt, dicht zu sein", sagt sie. Auch an einem der Abende, an dem wir sie für ein Gespräch besuchen, zieht sie zur Entspannung eine Line. Monatlich gibt sie mehrere Hundert Euro für die Droge aus.

Immer mehr Überdosen

Wer Lena zuhört, bekommt in manchen Momenten das Gefühl, dass ein Leben mit solchen Psychopharmaka eine legitime Lifestyle-Entscheidung junger Menschen ist. Aber Jugendpsychiater und Drogenexpertinnen sehen eine ganz andere Seite: Die Todeszahlen aufgrund des Konsums illegaler Drogen sind auf einem Höchststand, vor allem bei Jugendlichen unter 25 Jahren gibt es einen auffälligen Anstieg. Wegen Überdosen durch verbotene Substanzen sind die Rettungsorganisationen in Wien im Dauereinsatz.

Vieles deutet darauf hin, dass diese besorgniserregende Entwicklung während der Lockdowns in der Corona-Pandemie ihren Ausgang genommen hat. Die neue Drogenepidemie ist daher ein doppeltes Krisenzeichen – eine gesundheitliche Gefahr und Ausdruck einer psychischen Notlage bei vielen Jugendlichen. Gefördert wird dieser Trend durch die leichte Verfügbarkeit von Drogen – von Cannabis bis Heroin, oder aber auch die unzähligen eigentlich rezeptpflichtigen Arzneien, die in die falschen Hände gelangen.

Von Lachgas zu Ketamin

Lenas Geschichte passt in diese Muster. Begonnen hat alles mit den Partys. Als die Corona-Pandemie ihren Lauf nahm, war Lena gerade einmal 16 Jahre alt, und die Lockdowns gingen ihr schon ziemlich bald auf die Nerven. Also trafen sich ihre Freunde da, wo gerade sturmfrei war: wenn die Eltern etwa auf Urlaub oder im Ferienhaus auf dem Land waren. Lena kommt aus einem gutsituierten Umfeld aus Wien, ähnlich wie die meisten ihrer Schulfreunde. Eigentlich heißt sie anders, sie will aber für diesen Text anonym bleiben.

Die wöchentlichen Treffen waren das Aufregendste, was die Jugendlichen lange Zeit erleben sollten. Das beste Mittel gegen die Langeweile schienen irgendwann Drogen zu sein, und so begannen Lena und ihre Freunde zu experimentieren. Aus Alkohol wurde Cannabis, aus Cannabis Sahnekapseln, die die Jugendlichen im Supermarkt kauften. Das darin enthaltene Lachgas inhalierten sie mithilfe eines Luftballons. Ein kurzer Kick, der ihnen bald auch zu wenig war.

Sie kamen immer mehr in Kontakt mit Drogen, und die wurden immer härter. Ecstasy, Kokain, Ketamin – Lena nahm alles, was ihr Freundeskreis an dem jeweiligen Wochenende anschaffen konnte. Und gab sich die Kante. Mit der Zeit wurde vor allem Ketamin zu einem Teil ihres Alltags. In den rund anderthalb Jahren, in denen wir sie begleiteten, verneinte sie zunächst, dass sie süchtig ist. Mit der Zeit änderte sich das.

Alles, nur nichts mehr spüren

Auffällig ist, dass vor allem stark dämpfende Substanzen bei jungen Menschen besonders beliebt sind. Will sich die Jugend von heute zudröhnen, bis sie nichts mehr spürt?

Die Datenlage suggeriert eigentlich das Gegenteil: Der erste Rausch und der erste Cannabiskonsum finden in der Allgemeinbevölkerung eher später statt. Und Jugendliche trinken im Schnitt weniger Alkohol als früher. Aber es gibt eine kleine vulnerable Gruppe, die offenbar jünger, mehr und gefährlicher konsumiert.

Für sie war die Corona-Zeit besonders schlimm. Sucht tritt erst verzögert zutage, zumal in Zeiten, in denen Kontaktbeschränkungen bestanden. Häufig sind es die Schulen, die krankhaften Konsum entdecken und die Kinder zu Beratungsangeboten vermitteln, bevor er sich zur Sucht entwickelt.

Zugleich wurden mehr junge Menschen psychisch krank. Resilienzfaktoren wie der Kontakt zum Freundeskreis oder zu anderen Vertrauenspersonen fehlten.

Die "Hochrisikogruppe" für Substanzabhängigkeit sind Menschen aus schwierigen Verhältnissen, oft in prekärer Wohnsituation, sagt Thomas Trabi, Primar an der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom Klinikum Klagenfurt. Sucht trifft Jugendliche aller sozialen Schichten. Noch öfter aber jene, die es ohnedies schon schwer haben. Etwa weil sie in Armut leben, Gewalt erlebt und Missbrauchserfahrungen gemacht haben. Oder aber, weil ihre Eltern drogensüchtig sind – das erhöht enorm das Risiko, in deren Fußstapfen zu treten. Immer wieder kamen auch auffällig junge Betroffene: Trabi sah in den letzten Jahren etwa zwölfjährige Cannabispatienten. Zehnjährige, die regelmäßig Alkohol konsumieren. Oder Vierzehnjährige, die Opiate nehmen.

Ketamin statt Selbstverletzung

Auch Lena ist in die Sucht gerutscht. "Früher konnte ich mehrere Wochen am Stück ohne Ketamin auskommen, jetzt sind es nur noch wenige Tage", sagt sie. Lange konsumierte sie zum Spaß. "Aber irgendwann, und ich weiß nicht, wann das passiert ist, ist die Grenze verschwommen." Lena zog ihre Lines nicht mehr nur zum Feiern, sondern um ihre Realität auszuhalten. Deshalb dröhnt sie sich zu. Um ihre Sorgen, um ihre Ängste, um das ganze Universum zumindest für kurze Zeit hinter sich zu lassen.

"Ich komme mit der Welt nüchtern einfach nicht zurecht", sagt sie. "Mit meinen Gefühlen, mit meinen Problemen." Daher nehme sie sogenannte "Downer", Drogen und Medikamente, die sie runterkommen lassen, statt aufzuputschen. Lena ist an Borderline erkrankt, war aufgrund von Anorexie als Jugendliche zeitweise in einer Psychiatrie. In ihrer Kindheit hat sie Gewalt erfahren.

"Es gibt Momente, da bin ich von meinen Gefühlen komplett überwältigt", sagt sie. Weil sie die Arbeit stresst, weil sie schon wieder mit ihren Eltern streitet – oder ganz einfach weil ihr die Depressionen zu viel sind. Oft gleicht ihre Psyche einer Achterbahnfahrt. Gerade als Teenager habe sie sich oft geritzt. Irgendwann habe der Drogenkonsum das ersetzt. "Es schien in manchen Momenten rationaler, einfach eine Nase Ketamin zu ziehen, statt mich aufzuschlitzen", sagt sie. "Ich weiß eh, was die Ärzte eigentlich empfehlen." Meditation, Sport und so weiter, sagt sie. Das würden vielleicht resilientere Menschen machen. Sie hat das bisher nicht geschafft.

"Die Realität ist zum Durchdrehen", sagt Lena. Vielleicht deswegen sucht sie stets den Kick, nimmt jede Droge an, die ihr angeboten wird. Einige Male habe sie auch schon Heroin probiert, habe den Rausch aber nicht gemocht. Sie kenne den einen oder anderen Dealer, mit dem sie mittlerweile auch befreundet sei. Lena ist oft in Clubs und auf Partys, habe dort viele Kontakte geknüpft. Für Ketamin zahlt sie einen Bruchteil des Straßenpreises, 30 statt 50 Euro pro Gramm.

Lena dröhnt sich zu, um die Welt für kurze Zeit zu vergessen. Nüchtern ist sie selten.
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Risikobereitschaft steigt

Wenn es nur beim rauschhaften Feiern bleiben würde, wäre das noch nicht so besorgniserregend. Was Fachleute aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie aber feststellen, ist, dass die jungen Menschen vermehrt etwas wegdrücken wollen – dass sie etwas brauchen, um besser zu schlafen, um den Alltag zu bewältigen. Sie therapieren sich mit Pillen, Joints und Co selbst. So wie Lena.

Hinzu kommt eine große Risikobereitschaft. Teenager mischen auf Partys alle möglichen Drogen. Starke Beruhigungsmittel werden unbedacht mit Alkohol oder Opiaten zusammen konsumiert. Ein potenziell tödlicher Mix. Opiatkonsum ist unberechenbarer geworden, weil da große Reinheitsschwankungen bestehen. Und auch Cannabis ist nicht das, was es einmal war: Der darin enthaltene Wirkstoff THC ist weitaus stärker konzentriert als in der Vergangenheit. Gerade für junge Menschen erhöht dies das Risiko, dass ihr Gehirn sich nicht normal entwickelt.

Ebenso bei Jugendlichen beliebt sind synthetische Cannabinoide: Cannabis-Wirkstoffe, die im Labor hergestellt und dann auf Blüten gesprüht werden. Sie sind kaum erforscht und daher unberechenbar. Weil kein THC, sondern eine neuartige Substanz enthalten ist, sind sie legal. Gerade bei Jungen sind sie im Trend, auch weil ihnen oft nicht bewusst ist, dass die Drogen nicht ungefährlicher sind, nur weil sie nicht verboten wurden.

Ärztinnen und Ärzte nehmen zudem einen starken Anstieg beim Konsum von Benzodiazepinen – starken Beruhigungsmitteln – wahr. Und auch die Polizei sieht einen Anstieg an Anzeigen aufgrund des illegalen Besitzes von solchen Mitteln.

Benzo-Blackouts und Nachforschungen

Mit Benzodiazepinen hat Lena seit vielen Jahren Erfahrung. Sie hatte aufgrund ihres exzessiven Konsums schon mehrere Blackouts. Einmal, erzählt sie, habe sie ein ganzes Wochenende nachforschen müssen. "Ich musste mehrere Leute befragen, um herauszufinden, was ich überhaupt getan habe." Letztlich habe sie erfahren, dass sie im Rausch ungeschützten Sex mit einem Freund gehabt hatte.

"Wenn man so dicht ist, dass man die Sachen vergisst, ist man auch so enthemmt, dass man sich denkt: 'Fuck it!'", sagt sie. Zum Glück sei sie nicht schwanger geworden. Etwas gruselig sei es aber schon, dass sie für ihr Umfeld normal und bei Sinnen wirke, sie selbst aber einen geistigen Filmriss erlebe.

Vom Benzokonsum haben die Erinnerungslücken sie nicht abgehalten, wobei sie sie seit einigen Monaten nicht nimmt.

Die Droge macht allerdings körperlich abhängig. Wird sie über einen längeren Zeitraum eingenommen, "muss man wirklich mit grausigen Entzugserscheinungen rechnen", sagt Thomas Trabi, Primar an der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Klinikum Klagenfurt. Der körperliche Entzug dauere länger als jener von Alkohol und könne Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Halluzinationen, starkes Zittern und dergleichen auslösen. Während ihres Entzugs hat Lena besonders viel gekifft, um mit den Begleiterscheinungen zurechtzukommen.

Benzodiazepine kann man auf legalem Weg auf Rezept in Apotheken kaufen, zum Beispiel als Gewacalm, Valium oder Psychopax. Doch es gibt auch Hausärztinnen und Hausärzte, die die Präparate relativ leichtfertig an Jugendliche verschreiben.

Über medizinisches Fachpersonal gelangte auch Lena an ihre Benzos. "Die bekommt man überall nachgeworfen", findet sie. Wenn Teenager den Arzt wechseln und auf ihrer E-Card nichts vermerkt ist, weil sie zum Beispiel ein Privatrezept in der Apotheke vorgelegt haben, bekommt niemand etwas von dem problematischen Konsum mit.

Lenas Ärzte hätten ihr ausnahmslos nach jedem Wechsel sofort die Medikamente verschrieben – auch schon, als sie ein Teenager war.

Schwarzmarkt via Social Media

Außerdem existiert ein Schwarzmarkt für Benzos. Da werden zum Beispiel auch Präparate aus der Veterinärmedizin vertickt. "Kinder und Jugendliche sind technisch viel versierter, im Suchtmittelhandel hat sich da viel geändert", sagt Daniel Lichtenegger. Der Leiter des Büros zur Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität im Bundeskriminalamt nimmt einen regen Vertrieb diverser Substanzen über Social Media und Messengerdienste wahr.

Wie kommen Betroffene da wieder raus? Junge Menschen sind wankelmütig. Süchtige sind es auch. Wenn ein Teenager einmal die Bereitschaft zeigt, seinen problematischen Substanzkonsum zu verringern, einen Teilentzug oder gar Entzug zu machen, muss diese Gelegenheit am Schopf gepackt werden. Das "Window of Oportunity" bei jungen Suchtkranken ist besonders klein. Zum Entzug gezwungen werden kann niemand, was Eltern oft verzweifeln lässt.

Wichtig sei es, den Dialog zu suchen, was oft zu wenig geschehe, sagt Andrea Kronsteiner, klinische und Gesundheitspsychologin bei der Sucht- und Drogenberatung für Jugendliche und Angehörige des Vereins Kolping. "Wir raten Eltern immer dazu, ein vorwurfsfreies Gespräch zu suchen, und da, wo es schon einen riskanten Konsum gibt, das Band nicht abreißen zu lassen," sagt Kronsteiner.

Insgesamt ist die Datenlage zu Drogensucht bei Jugendlichen zwar dürftig. Katrin Skala von der Uniklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Wien hat aber den Eindruck, dass die Situation sich ein wenig entspannt. "Wir sind jetzt auf einem hohen Plateau", schätzt sie. Doch die nächste Krise könnte wieder viele Jugendliche aus der Bahn werfen.

Ressourcen fehlen

Vor allem in den Städten gibt es zwar zahlreiche Betreuungsangebote. Doch es tun sich immer wieder Lücken auf: Die Kinder- und Jugendpsychiatrien leiden unter chronischem Personalmangel, sind eigentlich nicht für Entzug gedacht und haben auch nur Kapazitäten für relativ kurze Aufenthalte.

Gerade synthethisches Cannabis ist bei Jungen beliebt - und unberechenbar, da es kaum erforscht ist.
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An der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Klinikums Klagenfurt gibt es beispielsweise 36 Betten. Zwei davon habe man intern als Drogenentzugsplätze definiert, sagt Suchtexperte Trabi. Oft werde die Zahl überschritten.

Andere stationäre Entzugsangebote für Minderjährige gibt es verhältnismäßig wenige, beispielsweise vom Anton-Proksch-Institut (API) oder vom Grünen Kreis. Zusätzlich braucht es aber auch langfristige Psychotherapien auf Kassenkosten – auf die muss man teils mehrere Monate warten. Außerdem hat Österreich insgesamt nur 40 niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater auf Kasse.

Entzüge brauchen aber oft viele Anläufe. Entwöhnung, also wirklich psychisch unabhängig zu werden, dauert mehrere Monate. Dafür bedarf es häufig einer engmaschigen Betreuung, und für die fehlen gerade in ländlichen Gebieten schlicht die Ressourcen.

"Ein bisschen Stabilisierung ist auch schon ein Erfolg", sagt Psychiater Wolfgang Preinsperger, ärztlicher Direktor am Anton-Proksch-Institut. Dieses baut heuer sein noch sehr überschaubares Angebot von vier Betten für 16- bis 25-Jährige massiv aus. "Behandlungsabbrüche sind bei der Altersgruppe völlig üblich", sagt Preinsberger. Daher gehe das stationäre Angebot zwei bis vier Monate und nicht länger, weil Jugendliche sonst zu früh abspringen. Therapien für Erwachsene dauern teils über ein Jahr an.

Fachpersonal alarmiert

Was kann die Politik tun? Die Stadt Wien hat zuletzt gemeinsam mit der Ärztekammer und Apothekerkammer vor Benzos gewarnt. Zuletzt wurden Psychiaterinnen und Psychiater in einer Aussendung auf den verstärkten, bedenklichen Konsum hingewiesen.

Das Gesundheitsministerium erklärt auf Anfrage, den "Missbrauch von Benzodiazepinen" sehr ernst zu nehmen und sich mit Expertinnen und Experten auszutauschen. Apotheken seien rechtlich dazu angehalten, den verschreibenden Arzt zu kontaktieren, wenn der Verdacht besteht, dass junge Menschen eine Substanz missbrauchen könnten.

Dem Ministerium zufolge handelt es sich bei Drogenabhängigen um eine sogenannte "hidden population". Das sind Menschen, die oft unter den Radar fallen, auch weil sie ihren Konsum verstecken, etwa weil sie eine Stigmatisierung befürchten. Eine exakte Zahl lasse sich daher nicht eruieren.

Das erschwert auch konkrete Maßnahmen. Trotz dieser Hürden blickt Kinderpsychiaterin Skala nicht gänzlich pessimistisch in die Zukunft. Gerade junge Menschen könnten sich körperlich und psychisch wieder erholen: "Bei einem 17-Jährigen kann man den Karren oft noch gut aus dem Dreck ziehen", sagt sie.

Ein neuer Schmerz

Auch bei einem unserer Gespräche zieht Lena eine Line Ketamin.
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Und Lena? Sie ist nach wie vor süchtig nach Ketamin. In gewisser Weise sei ihr Konsum eine Form von Selbstzerstörung, räumt sie ein. "In manchen Momenten habe ich bewusst das Bedürfnis, mir wehzutun. Meistens ist es mir aber einfach egal, was mit mir geschieht." Dann gehe es nur darum, den Schmerz zu unterdrücken.

Dafür hat sie andere Schmerzen. Immer wieder plagen sie Bauchkrämpfe, eine Nebenwirkung des Ketamins. Das mache ihr Angst. Wenn es wieder schlimmer wurde, hatte sie es bis jetzt geschafft, zumindest zeitweise weniger zu konsumieren. Während unserer Gespräche muss sie sich immer wieder schnäuzen. Das Ketamin hat ihren Nasenschleimhäuten zugesetzt.

Einen Entzug wolle sie aktuell nicht machen, sagt sie. Sie gehe in eine Psychotherapie, arbeite stetig daran, besser mit ihren Gefühlen umzugehen. Auch lerne sie, andere Strategien zu suchen, als sich selbst zu schaden, wenn ihre Sorgen sie überwältigen. Vielleicht muss sie sich dann eines Tages nicht mehr betäuben, um die Welt zu ertragen. (Muzayen Al-Youssef, Gudrun Springer, 28.4.2024)