Auf 8000 Metern liegt viel Müll. So hoch könnten die Drohnen nicht fliegen. Bis ins Lager zwei auf rund 6400 Metern dürften sie es aber schaffen.
AFP/NAMGYAL SHERPA

Zehn Tonnen Müll und fünf Leichen will die nepalesische Armee in der heurigen Saison vom Mount Everest und seinen Nachbarbergen herunterbringen. Die fünf Toten sind trauriges Zeugnis dafür, dass trotz Kommerzialisierung und kräftigen Sherpa-Supports das Abenteuer, den höchsten Berg der Welt zu besteigen, ein gefährliches Unterfangen bleibt.

Jener Traum hat auch massive Konsequenzen für die Umwelt: "Höchste Müllhalde der Welt" wird der 8848 Meter hohe Berg mitunter genannt. Nepals Armee putzt bereits seit Jahren gemeinsam mit lokalen Organisationen hinter den Expeditionen her, um dem vielen Müll am Berg Einhalt zu gebieten. Allein im Jahr 2023 schleppte man rund 14 Tonnen Abfall ins Khumbu-Tal.

Nun startet die Behörde Khumbu Pasang Lhamu Rural Municipality (KPL) ein Pilotprojekt: In Zukunft will man bei der Müllentsorgung auf Drohnen setzen. So wird diese Saison eine Drohne getestet, die Müll von Lager eins, auf rund 6000 Metern gelegen, hinunter ins Basislager auf rund 5300 Metern fliegen soll.

Bei der eingesetzten Drohne handelt es sich um das Modell "FlyCart 30 Category-D", vom chinesischen Entwickler Da-Jiang Innovation, wie die Himalayan Times berichtet. Die Drohne kann bis zu 30 Kilogramm transportieren – das ist genauso viel, wie Träger in Nepal tragen dürfen. Das batteriebetriebene Gerät fliegt beladen eine maximale Distanz von 16 Kilometern, die sie in 18 Minuten bewältigen muss. Sie hält Temperaturen bis zu minus 20 Grad aus, was sie in den eisigen Himalaya-Höhen auch dringend benötigt.

Laut Herstellerangaben beträgt die Maximalflughöhe 6000 Höhenmeter. Chef der Lokalbehörde KPL, Jagat Prasad Bhusal, benennt diese aber gar bei 6400, wie die Kathmandu Post berichtet. Somit könnte die Drohne auch bis ins Camp zwei hinauffliegen.

Aktuell ist die Everest-Saison bereits in vollem Gange. Die Expeditionen sind angekommen, etwas über 400 Gipfelgenehmigungen wurden von den nepalesischen Behörden bisher erteilt. Höhen-Sherpas haben die Fixseile bereits bis circa 8000 Höhenmeter fixiert, kommendes Wochenende wollen sie auch den Gipfel erreichen. Danach werden wohl die ersten Klienten ihre Besteigungen starten. Mehrere Zehntausend US-Dollar zahlt man dafür.

Den Khumbu-Eisfall lieber überfliegen

Für die aktuellen Drohnentestflüge gab es eine Ausnahmegenehmigung vom nepalesischen Innenministerium. Dabei wies man explizit darauf hin, dass Vorkehrungen getroffen werden müssen, um den restlichen Hubschrauberflugverkehr in der Region nicht zu stören. Außerhalb der genehmigten Route sei das Fliegen der Drohne streng verboten.

Schon jetzt hat sich der Flugverkehr vom Tal hinauf ins Basislager in den vergangenen Jahren stark erhöht; mehrere Helikopterflüge sind stündlich im Khumbu zu hören. Könnte sich das in Zukunft auch auf die Routen oberhalb des Basecamps ausweiten?

Der Khumbu-Eisfall ist einer der gefährlichsten Abschnitte der Besteigung. An dessen Fuß entsteht jedes Jahr eine größere Zeltstadt: das Everest-Basislager.
AFP/PURNIMA SHRESTHA

KPL-Leiter Bhusal betont gegenüber der Kathmandu Post, dass die Drohnenflüge ein Test seien. Ist er erfolgreich, wolle man nächste Saison im größeren Umfang weitermachen und Müll per Drohnen aus bis zu 6500 Metern heruntertransportieren. "Wir haben allerdings noch nicht darüber gesprochen, ob Drohnen auch für den Transport von Vorräten und Logistik zum Lager zwei eingesetzt werden können, um die Zahl der Opfer am berüchtigten Khumbu-Eisfall zu verringern."

Denn – und das ruft Verfechter wie Kritiker auf den Plan – der nächste logische Schritt wäre: Wenn Drohnen Dinge vom Berg herunterbringen können, dann können sie ja auch Proviant, Sauerstoffflaschen und Ähnliches hinauftransportieren. Für die Menschen, die am Berg als Träger oder Guide arbeiten, würde das die Arbeit um vieles leichter und sicherer machen. Vor allem bei der gefährlichen Überquerung des Khumbu-Eisfalls, gleich zu Anfang der Route, sterben jedes Jahr vor allem lokale Arbeiter, die sogenannten Icefall-Doctors. 2014 starben da gar 16 Sherpas bei einer verheerenden Lawine. Die Entlastung durch Drohnen wäre ein großes Sicherheitsplus.

Ausnahmen als Präzedenzfall?

Andere meinen aber, dass derartige Innovationen den Berg nur noch kommerzieller machen würden. Immer mehr "Ausnahmegenehmigungen" würden Präzedenzfälle für die Zukunft schaffen. Schon jetzt geben manche an, dass sie zumindest beim Abstieg den Eisfall per Heli überflogen hätten: Laut Explorers Web haben im vergangenen Jahr 23 Klienten ihren Abstieg "mit Flügen unterstützt". Sie ließen sich von Lager zwei hinunter ins Basislager fliegen, um den Eisfall zu vermeiden. Das können wiederum oft nur jene machen, die sich das auch leisten können.

Im Fall von Rettungen sind solche Flüge erlaubt. Dieses Jahr erteilten die nepalesischen Behörden aber erstmals eine Sondergenehmigung für Helikopterflüge oberhalb des Basislagers, die nicht zum Zwecke der Rettung durchgeführt werden: Ausnahmsweise dürfen dieses Jahr Hubschrauber bis auf Lager zwei fliegen, um dort Fixseile, Sauerstoffgeräte und Proviant hinaufzubringen.

Aufgrund von schlechten Wetterbedingungen konnten die Sherpas nämlich erst spät mit den Vorbereitungen für die Saison starten, man kam also in zeitlichen Verzug bei der Vorbereitung des Berges für die zahlenden Klienten. Ein riesiger Turm aus Gletschereis war außerdem kollabiert und hat die aktuell übliche Route durch den Eisfall blockiert. Die Sherpas haben sich für eine längere, schwierigere Route entschieden – jene, die man eigentlich seit dem Unglück 2014 vermieden hatte. Ein "zeitgerechter Gipfelsturm" wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht Heli-Flüge genehmigt worden wären, sagt Mingma Sherpa, Chef einer großen Everest-Agentur zu Everest Chronicles.

Sicherheit und Komfort versus Umweltschutz

Die aktuelle Ausnahmegenehmigung für Hubschrauber und die Drohnentestflüge laufen laut Explorer Web jedenfalls gegen eine eigentlich angekündigte Reduzierung von Infrastruktur am Berg. Um das Bergsteigen am Everest sicherer und nachhaltiger zu machen, hat man für diese Saison nämlich eigentlich allerlei neue Regeln erlassen: So müssen Bergsteiger seit diesem Jahr ein GPS-Trackinggerät bei sich tragen. Außerdem müssen sie oberhalb des Basislagers ein "Kotsackerl" verwenden, um Extremente wieder mit ins Tal zu bringen. Im Basislager selbst, das mit immer mehr Luxus zahlungswillige Kunden anzieht, gelten ebenfalls neue Beschränkungen, wie die Kathmandu Post aufzählt: höchstens 5,5 Quadratmeter pro Person im Essenszelt. Auf 15 Personen dürfen außerdem höchstens vier Klozelte, zwei Duschzelte und zwei Urinalzelte kommen. (Anna Sawerthal, 1.5.2024)