Na servas, ein "Exklusivinterview" mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz verspricht der Red-Bull-Sender Servus TV vollmundig, ausgestrahlt wurde es im Rahmen von Der Pragmaticus am Sonntag kurz vor Mitternacht, Titel der Sendung: "Skandale, Affären, Anpatzen: Brauchen wir bessere Politiker?" Ob sich Kurz als Gute-Nacht-Geschichten-Erzähler eignet? Mal schauen. Eher nüchtern ist das Ambiente dieser Pragmaticus-Sendung, zwei schwarze Sessel, zwei schwarze Tische, zwei Männer in dunklen Anzügen. Empfangen wurde Interviewer Tobias Dörr im Büro von Privatmann Sebastian Kurz im ersten Bezirk in Wien.

Ex-Kanzler Sebastian Kurz bei Tobias Dörr auf Servus TV.
Ex-Kanzler Sebastian Kurz bei Tobias Dörr auf Servus TV.
Screenshot: Servustv.com

"Lässt einen die Politik zur Gänze los, wenn man so wie Sie Spitzenpolitiker war?", versucht Dörr einen soften Einstieg ins Gespräch. Ihn habe die Politik recht schnell losgelassen, sagt da Kurz, und man ist geneigt, den Satz mit "und die Politik auch ihn" gedanklich zu beenden. Das habe einerseits mit seiner Vaterschaft zu tun, "unser Sohn hat vieles auf den Kopf gestellt im positiven Sinne". Und er sei auch recht schnell in unterschiedliche unternehmerische Tätigkeiten eingestiegen, "die immer fordernder wurden". Man komme recht schnell im nächsten Hamsterrad an, sagt Kurz da allgemein über sich. Dörr will jetzt zurückblicken auf Kurz' Karriere, als "einen kometenhafter Aufstieg" beschreibt er das und schickt die Frage nach: "Waren Sie ein guter Politiker?" Hier ist dann freilich der richtige Zeitpunkt für Selbstlob, er habe "mich bemüht, mein Bestes gegeben". Ihm sei es auch gelungen, ein "großartiges Team" um sich zu scharen.

Selbstdarsteller Kurz

In der Tonart geht es weiter, Dörr arbeitet brav seinen Fragenkatalog ab, erntet erwartbare Antworten, kritisch hinterfragt wird hier nichts. Selbstdarsteller Kurz nutzt gekonnt die Chance, die ihm Servus TV bietet, um allgemeine Stehsätze ("Man kann es nie allen recht machen", "Politiker sollen wissen, wofür sie brennen und was sie wollen, und auch bei Gegenwind ihren Weg weiterverfolgen", ein guter Politiker solle "grundsätzlich Menschen mögen, das ist das Allerwichtigste in der Politik") loszuwerden. Später fallen dann noch Sätze wie "Politik und Demokratie bedeuten immer auch Vielfalt" oder "Wenn man eine neue Tür öffnet, geht eine andere zu".

Wir erfahren noch, dass Kurz stolz darauf ist, Wahlen ohne ständige Attacken auf die anderen gewonnen zu haben. "Man kann erfolgreich sein, ohne ständig die anderen als Idioten oder Verbrecher hinzustellen", sagt er. Generell habe er das Gefühl, dass Dirty Campaigning immer bedeutender werde, "das tut der Demokratie nicht gut". Nur kurz geht es im Gespräch auch um die Vorwürfe gegen ihn, "der Versuch, mit dem Strafrecht Politik zu machen, ist kein guter", er will natürlich die rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um dagegen anzukämpfen.

Ob er wieder in die Politik zurückkehren wird, "wenn alle Vorwürfe ausgeräumt sind", will Dörr gegen Ende wissen. Er habe in den zehn Jahren in der Regierung in Österreich seinen Beitrag geleistet und habe nicht vor, in die Politik zurückzukehren. Der Erkenntnisgewinn dieses knapp 18-minütigen Interviews ist gering. Insofern keine schlechte Entscheidung, das Gespräch zum Einschlafen kurz vor Mitternacht anzubieten. Noch einmal wiederholt Kurz am Ende sein "Ich habe meinen Beitrag geleistet"-Mantra, nur dieser Satz klingt nach. (Astrid Ebenführer, 6.5.2024)