Ein altes Telefon mit Wählscheibe.
Auch abseits von Hightech gilt das Datenschutzrecht und erfasst etwa ebenso telefonische Auskünfte.
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Im Gastbeitrag erklären die Juristen Roman Heidinger und Navid Dersch, in welchen Situationen das Datenschutzrecht auch bei telefonischen Auskünften gilt.

"Das dürfen wir Ihnen nicht sagen wegen Datenschutz" – diese Rückmeldung bekommt man regelmäßig auf telefonische Anfragen bei Behörden oder Unternehmen. Handelt es sich dabei nur um eine bloße Worthülse? Oder ist wirklich etwas dran? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese Frage nun beantwortet (EuGH 7.3.2024, Rs C-740/22).

Ausgelöst hatte das aktuelle Verfahren ein finnisches Unternehmen aus der TV-Branche, das unter anderem die finnische Version von Big Brother organisiert. Das Unternehmen wollte wissen, ob eine Person, die an einem TV-Wettbewerb teilnehmen sollte, in der Vergangenheit Straftaten begangen hatte, und bat bei einem Gericht mündlich um Auskunft.

Der Gerichtshof hielt zunächst fest, dass auch die mündliche Übermittlung eine Datenverarbeitung im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) darstellt. Vor dem Hintergrund des sachlichen Anwendungsbereichs der DSGVO unterliegt eine mündliche Auskunft jedoch nur dann der DSGVO, wenn die betreffenden personenbezogenen Daten in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.

Hintergrund der Entscheidung des EuGH ist, dass durch mündliche oder handgeschriebene Auskünfte der Anwendungsbereich der DSGVO nicht umgangen werden soll, wenn diese personenbezogenen Daten in einem Dateisystem gespeichert sind.

Und in der Praxis?

Erhält ein Gastwirt eine telefonische Anfrage, ob eine bestimmte Person anwesend ist, und wird diese Auskunft nach einem Blick in den Gastraum beantwortet, so liegt keine vom Anwendungsbereich der DSGVO umfasste Verarbeitung vor. Dies deshalb, weil die menschliche Wahrnehmung und das Gedächtnis keine Dateisysteme im Sinne der DSGVO sind.

Etwas anderes gilt aber – laut der vom EuGH vorgenommenen Auslegung – dann, wenn die Anfrage, ob Herr Hans Huber einen Tisch reserviert hat, unter Benutzung des Reservierungssystems beantwortet wird. Dabei macht es aus datenschutzrechtlicher Sicht keinen Unterschied, ob ein elektronisches oder ein handschriftliches Reservierungsbuch für die Beantwortung herangezogen wird. Die DSGVO erfasst nämlich auch die manuelle Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem – das heißt in strukturierter Weise – gespeichert sind. Daher sind bei der telefonischen Auskunft in diesem Fall die Anforderungen der DSGVO einzuhalten. Die Auskunft ist daher nur zulässig, wenn die Einwilligung des Betroffenen oder zum Beispiel ein Notfall vorliegt.

Noch komplexer gestaltet sich die rein österreichische Rechtslage durch das verfassungsrechtlich abgesicherte Grundrecht auf Geheimhaltung, das zwischen mündlichen und elektronischen Übermittlungen nicht unterscheidet, sodass das Verbot mündlicher Auskünfte hier noch weitreichender sein kann.

Personenbezogene Auskünfte mittels elektronischer Nachrichten (E-Mail, Messengerdienste) sind im Übrigen immer als automatisierte Verarbeitungsvorgänge zu qualifizieren und unterliegen somit grundsätzlich der DSGVO. In diesem Fall macht es daher keinen Unterschied, ob die personenbezogene Information aus einem (elektronischen) Dateisystem oder dem Gedächtnis stammt.

Ausnahme für Privatpersonen

Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede SMS oder jeder gesprochene Satz der DSGVO unterliegt, wenn die Informationen irgendwo in einem Dateisystem gespeichert sind. Beispielsweise ist der Austausch im Freundes- und Bekanntenkreis aufgrund der sogenannten Haushaltsausnahme von der DSGVO ausgenommen. Daher kann man sich im privaten Kreis nicht auf die DSGVO ausreden, wenn jemand mündlich oder per Whatsapp Auskunft darüber begehrt, wer an einer bestimmten Lokalrunde teilgenommen hat.