Wenn sich zwei streiten, leidet der Dritte. So in etwa könnte derzeit das Fazit des Handelsstreits zwischen China und den USA lauten. Dass Peking reagieren würde, war klar. Dass es die Europäer als Erstes trifft, obwohl die Amerikaner gemeint sind, ist eine der vielen geopolitischen Volten der vergangenen Jahre. Peking erwägt nun Strafzölle in der Höhe von 25 Prozent auf importierte Fahrzeuge mit großen Motoren. Es sind vor allem diese "Premium-Verbrenner", mit denen insbesondere deutsche Unternehmen wie BMW, Porsche und Mercedes noch gute Geschäfte in Fernost machen. Sollten diese Strafzölle tatsächlich kommen, dürften sie die Margen der deutschen Autohersteller empfindlich treffen. Wie kam es dazu?

Ein BMW auf der Autoshow in Schanghai.
Große BMWs kommen auch bei Chinas Wohlhabenden gut an.
APA/AFP/HECTOR RETAMAL

Am vergangenen Dienstag hatte US-Präsident Joe Biden Strafzölle gegen eine Reihe chinesischer Produkte, vor allem aber Elektrofahrzeuge verhängt. China war es in den vergangenen Jahren gelungen, nahezu die gesamte Wertschöpfungskette dieser Electric Vehicles, kurz EVs, zu dominieren: vom Abbau der Rohstoffe in Afrika und Lateinamerika über die Herstellung der Batterien bis zu den Fahrzeugen selbst. Die Elektrifizierung des Straßenverkehrs ist in China politisch gewollt, und dementsprechend großzügig wurde alle Teile der Wertschöpfung subventioniert. Günstige und in großen Mengen produzierte EVs sollten bald auch nach Europa und in die USA exportiert werden – was die heimischen westlichen Hersteller unter Druck gesetzt hätte. Mit seinen 100 Prozent Strafzöllen auf chinesische Elektroautos hatte Biden dem vergangene Woche einen Riegel vorgeschoben. Mit einem Volumen von 18 Milliarden US-Dollar ist der Streitwert zwar überschaubar. Allerdings geht es eben auch um die Zukunftsbranchen.

Bruch mit der amerikanischen Politik

Biden setzte damit das Werk seines Vorgängers Donald Trump fort: Der hatte 2018 erstmals mit Zöllen auf chinesische Waren reagiert. Dies stellte einen gravierenden Bruch mit der amerikanischen Politik der vergangenen Jahrzehnte dar, welche stets den Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen gefordert hatte. Besonders hart traf China im Herbst 2022 ein Halbleiter-Embargo. China dagegen spielte nie "fair", sondern hat die Regeln der Welthandelsorganisation immer unterlaufen. Nun aber ist die mitunter groteske Situation entstanden, in der Peking den Amerikanern vorwirft, die Prinzipien des Freihandels zu unterlaufen.

Dass China sich ebenfalls mit Zöllen auf westliche Produkte rächen würde, war eigentlich klar. Allerdings treffen die geplanten Aufschläge jetzt vor allem europäische, insbesondere deutsche Autohersteller. Denn deren Premium-Autos sind bei reichen Chinesen (und Politikern) noch immer die erste Wahl. Autohersteller wie BMW hatten deswegen schon früh vor einer Eskalation im Handelsstreit gewarnt: "Wir bekennen uns zu offenen Märkten und Freihandel", hatte BMW-Chef Oliver Zipse vor wenigen Tagen auf der Hauptversammlung des Konzerns gesagt. "Protektionismus setzt eine Spirale in Gang. Zölle führen zu neuen Zöllen, Abschottung statt Miteinander."

Noch hat Peking die Zölle nicht verhängt. Diese sind somit als Warnung an die in EU verstanden. Diese Woche treffen sich die Vertreter der führenden Industrienationen, G7, in Italien, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Die USA erwarten von der EU, sich anzuschließen. Die Drohung Pekings aber zielt ganz klar auf die Europäer. Denn 2023 waren unter den Top 5 der Premium-Klasse-Importe vier deutsche Marken, BMW, Mercedes-Benz, Porsche, Audi, und mit Lexus eine japanische. Im Handelsstreit zwischen den USA und China dürfte also bald ein Verlierer schon feststehen: Europa. (Philipp Mattheis, 23.5.2024)