Die Wohnanlage in Ebbs bei Kufstein, wo der tote Bub gefunden wurde.
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Wie es geschehen konnte, dass ein dreijähriger Bub aus Ebbs im Bezirk Kufstein in Tirol an Unterernährung sterben konnte, ist weiterhin offen. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat am Freitagvormittag einen Antrag auf U-Haft für die Eltern (25 und 26 Jahre alt) gestellt. Es bestehe der Verdacht eines Tötungsdelikts. Wenig später verhängte das zuständige Landesgericht Innsbruck die U-Haft über die Beschuldigten.

Die bisherigen Ermittlungen hätten ergeben, "dass die Eltern es über einen Zeitraum von zumindest mehreren Wochen unterlassen haben, den Dreijährigen entsprechend mit Nahrung und Flüssigkeit zu versorgen und trotz offensichtlicher Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und seines augenscheinlichen Gewichtsverlustes einen Arzt zu kontaktieren, sodass das Kind an den Folgen seiner massiven Unterernährung verstorben ist", teilte Hansjörg Mayr, der Leiter der Medienstelle bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck, mit. Für das Ehepaar gilt die Unschuldsvermutung.

Vater schweigt, Mutter sagt aus

Im weiteren Ermittlungsverfahren soll auch geklärt werden, inwiefern der Tod des Kindes andere, medizinische Ursachen haben könnte – bislang gebe es dazu aber keine Hinweise. Der Vater habe bisher von seinem Recht Gebrauch gemacht, nicht auszusagen. Er hatte Rettung und Polizei alarmiert, nachdem er den Buben regungslos vorgefunden hatte. Die Mutter habe angegeben, dass das Kind in den letzten Wochen krank gewesen sei und keinen Appetit gehabt habe. Ein Arztbesuch sei demnächst geplant gewesen.

Das junge Ehepaar hat drei weitere Kinder, darunter auch eine Zwillingsschwester des verstorbenen Buben. Die Geschwister, die keine Mangelerscheinungen aufweisen, bleiben vorerst in der Obhut der Kinder- und Jugendhilfe.

In der Tiroler Tageszeitung kam der Direktor der Innsbrucker Kinderklinik, Thomas Müller, zu Wort. Für ihn sei der Fall "in unserer westlichen Industriewelt auch außergewöhnlich. Ich kenne keinen ähnlichen." Müller wies unter anderem darauf hin, dass "ein gesundes Kind nicht so einfach verhungert. Es wehrt sich, fordert Nahrung, will seine Grundbedürfnisse gestillt haben. Das gehört zum Überlebenstrieb." Dass Menschen an Unterernährung sterben, passiere nicht von heute auf morgen: "Das sind Prozesse, die sich über Wochen oder gar Monate ziehen." Vorausgesetzt, der Betroffene leide nicht an Vorerkrankungen. In letzterem Fall könne es nämlich schneller gehen, "das kann Mangelzustände fördern." Darüber hinaus stelle sich auch die Frage, wann der Bub das letzte Mal bei einem Arzt war: "Das Eltern-Kind-Pass-Programm sieht ja regelmäßige Untersuchungen vor. Dort wäre aufgefallen, dass das Gewicht nicht nur stagniert, sondern abnimmt."(APA, simo, 24.5.2024)

Hinweise: Dieser Artikel wurde um 14.20 Uhr nach Bekanntgabe der U-Haft aktualisiert.