In der Welt der Tablets haben sich zwei Stoßrichtungen herauskristallisiert. Insbesondere im High-End-Bereich probieren Hersteller – insbesondere Apple – zunehmend, ihre Geräte als Laptop-Alternative zu platzieren. Dem gegenüber stehen wiederum Geräte, die kaum mehr sein wollen als eine Plattform für Videostreaming, Browser und Kommunikation. Dazwischen herrscht weitestgehend Leere. Die Bildschirmgrößen haben angezogen, kleine Tablets sind nahezu ausgestorben.

Das neueste Tablet-Modell des Herstellers Blackview reiht sich jedenfalls in die Entertainment-Kategorie ein, auch wenn man ob der Namensgebung Mega 1 anderes vermuten könnte. Mit einem 11,5-Zoll-Display mit 120-Hertz-Support, vier Stereolautsprechern und Stifteingabe. Erhältlich ist das Gerät ab einem Preis von rund 220 Euro, je nach Händler. Als "offizielle" Verkaufsstelle für Europa nennt das Unternehmen den Onlineshop von Amazon. DER STANDARD hat das Mega 1 getestet.

Wie ein Redmi Pad mit Extras

Bei der Basisausstattung des Mega 1 trifft man einen alten Bekannten, nämlich Mediateks Helio-G99-Chip. Der Mitte 2022 vorgestellte SoC ist auch schon in manchen Smartphones, vor allem aber unterschiedlichen Tablets gelandet. Eines davon wurde auch hier schon besprochen, nämlich Xiaomis Redmi Pad. Und dieses passt in Sachen Spezifikationen auch sonst hervorragend als Vergleichsobjekt, denn es ist dem Blackview-Gerät nicht nur in anderen Belangen recht ähnlich, sondern mittlerweile im gleichen Preisbereich angekommen.

Das Blackview Mega 1 im PC Mode mit einem Bluetooth-Keyboard (nicht im Lieferumfang enthalten).
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Das Tablet des weniger bekannten Herstellers legt bei der Ausstattung aber fast überall ein "Eitzerl" drauf. Beide Tablets nutzen IPS-Panels, deren maximale Helligkeit mit 400 Nits angegeben ist. Allerdings ist das Display beim Mega 1 nicht nur größer, sondern beherrscht auch eine flottere Bildwiedergabefrequenz, da das Redmi Pad auf 90 Hz limitiert ist. Die Auflösung ist mit 2000 x 1200 Pixel allerdings ident. Die Darstellungsqualität ist darüber hinaus vergleichbar und bringt gute Farben und Kontraste mit, wenn auch natürlich nicht auf dem Niveau teurerer AMOLED-Bildschirme.

Auf Speicherseite werden acht oder zwölf GB RAM geboten, also doppelt so viel wie bei den Varianten des Redmi Pad. Das Testgerät war mit zwölf GB RAM bestückt. Größer fällt auch der Onboard-Speicher aus, der sich auf 256 statt 128 GB beläuft. Bei beiden kann der interne Speicher außerdem per Micro-SD-Karte erweitert werden.

In Sachen Konnektivität bieten beide das nicht mehr ganz frische WLAN 5 (802.11ac) auf, auch Bluetooth ist vorhanden, beim Mega 1 wird hier Version 5.1 ausgeschrieben. Allerdings kann man in das Blackview-Tablet auch eine Nano-SIM-Karte einlegen, um mobil auch ohne verfügbares WLAN per LTE verbunden zu bleiben. Da außerdem auch GPS an Bord ist, lässt sich das Gerät somit auch zur Navigation verwenden. Nicht verbaut ist eine 3,5-mm-Audioklinke.

Im Ein/Aus-Button ist ein Fingerabdruckleser untergebracht.
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Das Tablet misst 269 x 169 x 7,6 Millimeter bei einem Gewicht von 528 Gramm. Geliefert wird es mit Ladekabel sowie einer Hülle, mit der es sich auch im Querformat aufstellen lässt. Verarbeitung und Materialqualität machen einen guten Eindruck. Auf der linken Seite findet sich der Ein/Aus-Knopf mit integriertem Fingerabdruckscanner. Nutzt man die Hülle, muss man die Fingerabdrücke gegebenenfalls neu einrichten, da der Scanner sich dann durch das leichte Vorstehen der Abdeckung nur noch mit einem Teil der Fingerkuppe berühren lässt.

Ebenfalls Teil des Lieferumfangs ist ein Stift. Aktive Pens mit feinen Druckstufen unterstützt das Tablet nicht, wie schon beim Tab 16 bietet das mitgelieferte Werkzeug einfach eine etwas feinere Eingabemöglichkeit für den Touchscreen.

Der mitgelieferte Stift imitiert im Prinzip feinere Handeingabe, Unterstützung für aktive Stifte und Druckpunkte gibt es nicht.
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Vorinstalliert ist Android 13 in der Blackview-eigenen Geschmacksrichtung Doke OS 4.0. Die Oberfläche ist sinnvoll gestaltet und bietet neben der Leiste mit angepinnten Apps auch eine Übersicht geöffneter Programme, vergleichbar mit einer Taskbar. Darüber hinaus beschränken sich Anpassungen vorwiegend auf kosmetische Änderungen. Bei der Bloatware hält man sich in Grenzen. WPS Office ist vorinstalliert und kann deinstalliert werden. Für Easy Share gilt das allerdings nicht. Zur Systemausstattung gehören außerdem noch eine "Clone Phone"-App für die Übertragung von Apps und Daten von einem Altgerät sowie ein Tool namens Kühlraum, das dazu dient, Apps zu definieren, die automatisch geschlossen werden sollen, wenn sie eine Weile nicht mehr verwendet werden. Dazu kommen eine eigene Notizen- und Album-App (deren Icon jenem von Apple Photos verdächtig ähnlich sieht).

Guter "PC Mode", schlechte Update-Versorgung

Ab Werk dabei sind aber auch eine Reihe von Google Apps, darunter auch Google Photos. Dieses wird von der Kamera auch ab Werk als Standard-Galerie-App verwendet, womit die Eigenbauversion redundant erscheint.

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Das Betriebssystem verfügt auch über einen "PC Mode", der sich manuell einschalten lässt, aber auch bei Verbindung mit einer Bluetooth-Tastatur automatisch aktiviert werden kann. Wermutstropfen: Beim Wechsel zwischen den Modi merkt sich das System zwar, welche Apps geöffnet waren, beim Aufrufen werden diese aber neu gestartet, da sie offenbar nicht in den Fenstermanager des PC-Modus überführt werden können. Die angepasste Oberfläche erinnert an einen Windows-Desktop und bietet in der Größe nun frei anpassbare Fenster sowie schnelle Maximierung und Minimierung.

Manche Defizite aus der vorherigen Version wurden beseitigt: Benachrichtigungen sind nicht mehr seitlich abgeschnitten, und Basis-Steuergesten (vor/zurück) werden nun erkannt. Fenster lassen sich zudem anpinnen. Dass weitere Navigationsfunktionen aber weiterhin auf sehr kleine Schaltflächen reduziert sind, bleibt suboptimal, da sie die einzige Möglichkeit sind, in diesem Interface schnell auf den Startbildschirm zurückzukehren. Manche Apps unterstützen den Mehrfenstermodus allerdings nicht und können im PC-Modus daher nicht benutzt werden. Ironischerweise trifft das auch auf den vorinstallierten Audiorekorder zu.

Im PC Mode sind Fenster nun frei skalierbar und lassen sich anheften.
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Kombiniert man das mit einem Keyboard mit integriertem Touchpad, lässt sich das Mega 1 recht bequem wie ein Laptop verwenden. Auch einfaches Arbeiten – sprich: Textverarbeitung, Audioaufnahmen und einfache Bildbearbeitung – lässt sich passabel erledigen. Eine Alternative zu einem vollwertigen Notebook ist das freilich nicht, aber wer "on the go" an einem Artikel weiterschreiben oder an einem Videomeeting teilnehmen möchte, kommt mit dieser Lösung schon aus. Die recht üppige Arbeitsspeicherbestückung, die optional auch noch per Auslagerung auf den Onboard-Speicher um vier GB erweitert werden kann, erleichtert dabei Multitasking, da geöffnete Programme in der Regel auch alle ihren Status quo erhalten, statt wegen Speichermangels im Hintergrund geschlossen zu werden.

Beim Filmschauen und Musikhören macht das Mega 1 eine gute Figur. Die vier Lautsprecher geben – für Tabletverhältnisse – passablen Sound von sich, und Performanceprobleme waren auch bei Videostreaming in Full HD und 1440 p nicht zu bemerken. Netflix und Co können dank passenden Widevine-Levels (L1) in 1080 p genutzt werden. Der Helio G99 ist freilich kein Leistungswunderwuzzi. Zuzuordnen ist er, je nach Gusto, entweder der unteren Mittelklasse oder der oberen Einsteigerklasse. Das zeigen auch Benchmarks mit Geekbench 6 und 3DMark. Multimedia, Browsen und Kommunikation stemmt der Prozessor recht souverän, und auch die meisten, grafisch weniger anspruchsvollen Casual Games sollten problemlos laufen. Wer Diablo Immortal und Konsorten spielen möchte, muss sich aber anderswo umsehen.

Weder die rückseitige Kamera ...
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Anderswo umsehen muss man sich auch, wenn man verlässliche Update-Versorgung haben möchte. Denn nach wie vor verfügt Blackview nicht über eine Update-Policy, die über "Wir liefern Behebungen für gröbere Fehler" hinausgeht. Bei der Inbetriebnahme lief das System mit dem Android-Sicherheitspatch von September 2023. Mit einem dem STANDARD vorab zur Verfügung gestellten Update, das zuvor teilweise aufgetretene Schwankungen beim WLAN-Empfang sowie Hänger der Kamera-App behebt, wurde das Patchlevel auf Februar 2024 angehoben, was dem aktuellen Stand auch schon drei Monate nachhängt.

Weitere Sicherheits-Patches oder ein Upgrade auf das eigentlich aktuelle Android 14 sagt Blackview nicht zu. Dass man, wie ein Vertreter der Firma angibt, die Abteilung für Softwareentwicklung vergrößert hat, ist diesbezüglich ein schwacher Trost. Das zuvor schon zum Vergleich herangezogene Redmi Pad wird immerhin bis Herbst 2025 mit Securitypatches versorgt und wurde im vergangenen Winter auf Android 14 hochgezogen.

... noch jene an der Frontseite machen besonders großartige Aufnahmen, liefern aber "zweckdienliche" Qualität, die für das Preissegment okay ist.
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Kameras und Akku

Bei der Kameraausstattung setzt Blackview auf ein 50-MP-Modul als Hauptkamera sowie 13-MP auf der Vorderseite. Deren Output ist nicht berauschend, aber brauchbar und für die Preisklasse sogar überdurchschnittlich. Bei dunklen Lichtverhältnissen schwächeln die Fotosensoren deutlich, wer also abends videochatten möchte, sollte für gute Beleuchtung sorgen. Die Aufnahmequalität des integrierten Mikrofons konnte im Test positiv überraschen. Die Stimme wird klar und deutlich aufgezeichnet, die Unterdrückung von Hintergrundlärm klappte – mit einer bei offener Badezimmertür laufenden Waschmaschine im Schleudergang – gut.

Der Akku des Mega 1 bietet eine Kapazität von 8800 mAh. Der Hersteller nennt eine Nutzungsdauer von "bis zu 20 Stunden", die allerdings nicht realistisch erscheint. Für Videokonsum in Full HD werden fünfeinhalb Stunden angegeben, für Web-Browsen sechs Stunden. Beides geht sich bei einigermaßen hoher Bildschirmhelligkeit zwar nicht aus, vier bis fünf Stunden sind aber jeweils realistisch. Wer das Gerät weniger stark beansprucht, kann von acht bis zehn Stunden Laufzeit ausgehen. Aufgeladen werden kann der Akku ausschließlich per USB-C, Schnellladen wird aber immerhin mit bis zu 33 Watt unterstützt, ein passendes Ladegerät nebst USB-C-Kabel wird mitgeliefert.

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Fazit

Die für den Preis gebotene Hardware des Blackview Mega 1 kann sich sehen lassen. Ein Chip mit ausreichend Leistung für Multimediabedarf steckt hinter einem ordentlichen Display mit 120 Hz mit guten Lautsprechern, dazu gibt es auch recht üppige Speicherbestückung, einen Fingerabdruckscanner und außerdem einen – wenn auch nicht aktiven – Stift und Hülle im Lieferumfang. Die akustische Qualität ist ebenfalls solide, und die Kameras müssen sich in ihrer Preisklasse auch nicht verstecken.

Auch softwareseitig gibt es an und für sich wenig zu nörgeln. Die Nutzeroberfläche wirkt durchdacht, der PC-Modus hat nun frei anpassbare Fenster und einfachen Gesten-Support, und die Akkulaufzeit ist passabel. Auch die Performance passt, wenngleich es sich natürlich nicht um ein Gaming-Tablet handelt.

Interessierte Käufer müssen sich aber natürlich die Frage stellen, ob sie sich ein Gerät anschaffen wollen, das in puncto Support bestenfalls Bugfix-Updates erhält, aber keine fixe Versorgung mit Sicherheits-Patches genießt. Das ist gerade ob der anderen Qualitäten, die das Mega 1 zu einem Preis-Leistungs-Tipp machen könnten, durchaus schade. (Georg Pichler, 25.5.2024)