Nach einem trüben Dienstagmorgen im Mai lockert das Wetter in Wien nur zögerlich auf, für nachmittags sind nur knapp über 20 Grad angesagt. Zu wenig für einen Badetag, die Mitarbeiter und eine Handvoll Gäste wirken verloren auf dem riesigen Areal des Gänselhäufels. Am Anfang seiner 29. Saison in dem Freibad spricht Buffetbetreiber Dieter Klampfer in seinem Gastgarten über die Aufs und Abs als Saisongastronom, Widrigkeiten wie Corona und Glücksfälle wie Rainhard Fendrich. Vom Klimawandel profitiert sein Geschäft nicht, denn es darf selbst im Gänsehäufel nicht zu heiß werden. Das ist an diesem Tag nicht zu befürchten, vielmehr wird Klampfer das Buffet gar nicht öffnen. Trotz der Unsicherheit, wie sich die bisher flaue Saison entwickeln wird, merkt man ihm an: Er macht den Job gerne.

Dieter Klampfer steht vor seinem Buffet.
Dieter Klampfer (55) betreibt seit 2016 als Einzelunternehmer das Buffet beim Wellenbad im Wiener Freibad Gänselhäufel. Zuvor war bereits im Jahr 1985 in den Betrieb eingestiegen, als sein Vater nach einer Ausschreibung den Zuschlag für die Pacht des Buffets erhalten hatte. Er ist verheiratet und hat einen 22-jährigen Sohn.
Regine Hendrich

STANDARD: Wie oft waren Sie heuer schon im Wasser?

Klampfer: Gar nicht. Bei diesen Temperaturen?

STANDARD: Gehen Sie bei besserem Wetter hier baden?

Klampfer: Nein. Das ist für mich reine Arbeit.

STANDARD: Wie war der Saisonstart heuer?

Klampfer: Es war sehr zäh. Das liegt nur am Wetter. Wir haben zwar Saisongäste, aber die kommen auch nur, wenn es halbwegs schön ist.

STANDARD: Wo liegt bei der Temperatur der Kipppunkt, ab dem die Badegäste kommen?

Klampfer: Wenn die Wetterprognose 24 oder 25 Grad vorhersagt. Und es muss ein bisschen die Sonne scheinen. Wir haben Stammgäste, die im zehnten Bezirk wohnen, und wenn in der Früh nicht die Sonne scheint, dann kommen sie nicht her. Früher war es anders, bei Temperaturen wie heute waren sicher schon 50 oder 60 Gäste da.

STANDARD: Woran liegt das?

Klampfer: Die Badekultur hat sich geändert. Früher gab es nicht so viele Thermen oder andere Ausweichmöglichkeiten, wenn das Wetter nicht so gut war. Heute gibt es auch für Kinder mehr Konkurrenz, vergangene Woche wurde an der Neuen Donau der Arena Beach eröffnet.

STANDARD: Aber ist nicht das Wellenbad noch immer ein Magnet für Kinder?

Klampfer: Ja, das ist fast immer voll. Die Kinder stehen schon an und warten, bis das Wellenbad jede halbe Stunde wieder losgeht.

STANDARD: Was erwarten Sie für den heurigen Sommer?

Klampfer: Das entscheidet sich bis Ende August. Es muss gar nicht so heiß sein, aber für uns ist eine Periode von zwei, drei Wochen mit gutem Wetter wichtig, weil sich die Leute dann darauf einstellen. Wenn es wechselhaft ist, nehmen sich viele schon etwas anderes vor.

STANDARD: Also stimmt die Formel: Je heißer, desto mehr Gäste und desto besser das Geschäft?

Klampfer: Nein. Die Formel lautet: Badewetter bis 30 oder 32 Grad ist optimal. Wenn es noch heißer wird, essen die Leute weniger. Man trinkt zwar mehr, hat aber kaum Appetit und isst nur eine Kleinigkeit.

STANDARD: Profitieren Sie vom Klimawandel? Die Saisons sollten länger werden, da es früher sommerlich und später herbstlich wird.

Klampfer: Ja, aber später herbstlich bringt nicht viel. Das Geschäft flaut schon in der letzten Augustwoche stark ab, weil die Kinder bald wieder in die Schule müssen.

STANDARD: Wie viele Mitarbeiter benötigen Sie?

Klampfer: In der Hochsaison sechs bis acht Leute. Ich habe zwei Mitarbeiter, die kommen von Mai bis September. Es ist ein eingespieltes Team.

"Es geht auf und ab – wenn man dazu keinen Mut hat, ist man im Saisongeschäft falsch."

STANDARD: Es sollen 33.000 Leute ins Gänsehäufel passen. Haben Sie das schon erlebt?

Klampfer: Ja, das habe ich schon erlebt. Da ging es drunter und drüber, aber es ist alles zivilisiert geblieben.

STANDARD: War der Ansturm auf Ihr Buffet zu handhaben?

Klampfer: Langweilig ist uns nicht geworden. Ab Mittag gab es schon lange Schlangen, es gab kaum Zeit für Pausen. Aber bei sechs Gastro-Betrieben im Gänsehäufel teilt sich das schon auch etwas auf.

STANDARD: Hat sich Ihr Angebot über die Jahre verändert?

Klampfer: Vegetarisches wird mehr nachgefragt, das decken wir mit griechischem Bauernsalat, Spinatpalatschinken und manchmal auch Krautfleckerln ab. Wir machen hauptsächlich Hausmannskost, die Klassiker sind Langos, Pommes und Schnitzel. Die frittierten Sachen will ja fast keiner mehr zu Hause machen, da geht man lieber irgendwo hin und kauft es sich. Eis, kalte Getränke und Kaffee gehen natürlich auch immer gut.

STANDARD: Wie sind Sie mit der hohen Inflation umgegangen? War es schwierig, die gestiegenen Kosten weiterzugeben?

Klampfer: Eigentlich nicht, da ich die Preise nur moderat erhöht habe. Man muss mit den Lieferanten verhandeln, damit man dann über die ganze Saison die Preise fix halten kann, dann geht das schon. Ich habe gehört, dass Bier jetzt noch einmal teurer werden soll, aber ich werde den Preis heuer nicht mehr anheben.

STANDARD: Hat sich das Publikum gewandelt in den fast drei Jahrzehnten, die Sie hier tätig sind?

Klampfer: Eigentlich hat sich nicht viel geändert. Aber was mir auffällt, im August kommen jetzt mehr Touristen. Die kommen von fast überall her, machen Städteurlaub in Wien und gehen hier baden.

Dieter Klampfer steht hinter der Verkaufstheke. 
Seit mehr als 28 Jahren ist Dieter Klampfer in dem Imbiss beim Wellenbad tätig. In der Hochsaison verbringt er bei Schönwetter fast zwölf Stunden täglich hier, dafür hat er ab Oktober frei.
Regine Hendrich

STANDARD: Wie waren die Corona-Jahre 2020 und 2021?

Klampfer: Die waren eigentlich nicht so schlecht für uns. Es ist zwar etwas später losgegangen, aber zur Hauptzeit war immer geöffnet. Es hat sehr gut funktioniert, die Leute haben sich auf die Maßnahmen eingestellt und waren froh, dass sie wieder im Freien sein konnten.

STANDARD: Kommen wir zu einem Glücksfall für das Bad. Wie lauten die letzten beiden Zeilen von Rainhard Fendrichs 1981 erschienenem Gassenhauer "Strada del Sole"?

Klampfer: I steh aufs Gänsehäufel, auf Italien pfeif i.

STANDARD: Das hat dem Gänsehäufel außerhalb Wiens einen enormen Bekanntheitsschub gebracht.

Klampfer: Genau. Und bei der 100-Jahr-Feier im Jahr 2007 war Rainhard Fendrich da mit seinem berühmten Lied. Der Ostbahn-Kurti war damals auch da, es war richtig was los.

STANDARD: Begehrt sind hier auch die Cabanen. Wie lange beträgt für Interessierte die Wartezeit?

Klampfer: Was ich gehört habe, muss man schon vier, fünf Jahre darauf warten. Es ist nach wie vor sehr gefragt, weil es wie ein Kleingarten ist. Man kann nicht dort schlafen, aber sonst hat man alles.

STANDARD: Wie viele Stunden verbringen Sie hier in der Hochsaison?

Klampfer: Bei schönem Wetter bin ich hier von 9 bis 20.30 Uhr. In der Randsaison ist es weniger. Aber ich muss bei jedem Wetter täglich herkommen und schauen, ob die Kühlmaschinen funktionieren.

STANDARD: Wie lange dauert für Sie die Saison insgesamt?

Klampfer: Ich fange Mitte März an, Lieferanten zu kontaktieren. Mitte April geht es hier richtig los, alles vorbereiten und reinigen. Nach Saisonende muss ich ungefähr eine Woche dranhängen, um alles winterfest zu machen.

STANDARD: Was machen Sie nach der Saison?

Klampfer: Zuerst mache ich Urlaub, meistens zwei Wochen Spanien. Oder in Südtirol eine Woche wandern. Sonst mache ich nichts.

STANDARD: Hatten Sie schon ein schlechtes Jahr, in dem Sie dachten, jetzt haue ich den Hut drauf?

Klampfer: Es hat immer wieder eine schwache Saison gegeben, aber man muss über die Jahre rechnen. Einmal läuft es gut, dann schlecht – wenn man keinen Mut dazu hat, dann ist man im Saisongeschäft falsch. Unterm Strich geht es sich aus, man kann davon leben.

STANDARD: Wollen Sie den Imbiss bis zur Pension betreiben?

Klampfer: Ja, was soll ich denn anderes machen? Jetzt bin ich schon fast 30 Jahre da, und es macht mir Spaß, weil sich das Personal untereinander gut kennt. Auch die Stammgäste, es ist sehr familiär. Es ist Arbeit im Freien und im Grünen.

STANDARD: Klingt so, als müsste man Ihnen viel Geld bieten, damit Sie den Pachtvertrag abtreten.

Klampfer: (lacht) Ja. Es ist schon toll hier, aber ein Angebot hat mir noch keiner gemacht. (Alexander Hahn, 25.5.2024)