Zwar schickt China fast täglich Militärflieger Richtung Taiwan. So viele binnen eines Tages waren es aber noch nie.
AFP/EASTERN THEATER COMMAND OF T

Taipeh/Peking – China hat 62 Kampfflugzeuge in Richtung der ostasiatischen Inselrepublik Taiwan geschickt - so viele binnen eines Tages wie nie zuvor in diesem Jahr. Das teilte das Verteidigungsministerium in Taipeh am Samstag mit und bekräftigte, man sei abwehrbereit. 47 der Flugzeuge seien in Taiwans Luftverteidigungszone eingedrungen. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, obwohl dort seit Jahrzehnten unabhängige und demokratisch gewählte Regierungen an der Macht sind.

Am 15. Mai war mit 45 Flugzeugen der bisherige Höchstwert registriert worden war. China schickt fast täglich Militärflieger Richtung Taiwan. Nach Angaben des taiwanischen Verteidigungsministeriums wurden insgesamt 111 chinesische Flugzeuge und Dutzende Marineschiffe während der Militärübungen um die selbstverwaltete Insel registriert.

Peking sauer über Antrittsrede

Nach dem Amtsantritt des neuen taiwanischen Präsidenten Lai Ching-te hatte China mit einem umfassenden Militärmanöver erneut seinen Anspruch auf die Insel bekundet. Lais Antrittsrede war in China als "Bekenntnis zur Unabhängigkeit" gewertet worden. Darin hatte Lai eine "glorreiche Ära" für Taiwans Demokratie angekündigt. Der chinesische Verteidigungsministeriumssprecher Wu Qian sagte am Freitag, Lai bedrohe das "Ein-China-Prinzip", dies bringe "unsere Mitbürger in Taiwan in eine gefährliche Situation von Krieg und Gefahr".

Mit dem "Ein-China-Prinzip" deutet Peking auf eine Auslegung der Konfliktsituation hin, die besagt, dass es nur ein China gebe und die Volksrepublik China, somit also die kommunistische Führung in Peking, die Regierenden dieses Staates sind. Mit der "Ein-China-Politik", der die meisten Staaten heute folgen und die auch in der Uno-Resolution von 1971 verankert ist, ist aber nur festgelegt, dass man anerkenne, dass es bloß ein China gebe. Wer darüber rechtmäßig regieren darf, bleibe einstweilen ungeklärt. Peking versucht seit Jahren diesen kleinen, aber bedeutenden Unterschied auf internationaler Bühne zu verwischen. Immer wieder sprechen sogar Uno-Vertreter vom "Ein-China-Prinzip", das allgemein anerkannt wäre.

Am Donnerstag hatte Chinas Volksbefreiungsarmee eine zweitägige Militärübung rund um Taiwan gestartet, während der offenbar auch eine Blockade der Insel simuliert werden sollte. Die Militärübung fand drei Tage nach der Amtseinführung von Taiwans neuem Präsidenten Lai Ching-te statt. Seine Demokratische Fortschrittspartei (DPP) hatte im Januar die Präsidentschaftswahl gewonnen und tritt für einen Peking-kritischen Kurs ein. Die regierende Kommunistische Partei in Peking wirft der DPP Separatismus vor.

Staatsfernsehen: Militärübungen beendet

Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll, notfalls mit militärischer Gewalt. Die Führung in Peking hat bereits mehrmals damit gedroht, die mehr als 23 Millionen Einwohner zählende Insel und das Festland mit militärischen Zwangsmitteln zu vereinen. Neben regelmäßigen Übungen der Streitkräfte fliegen beinahe täglich Kampfflugzeuge in Richtung Taiwan, um die militärische Macht der Volksbefreiungsarmee zu demonstrieren. Peking schließt auch nicht aus, Gewalt anzuwenden, um Taiwan unter ihre Kontrolle zu bringen.

Chinesischen Staatsmedien zufolge wurden die zweitägigen Militärübungen mittlerweile beendet. Sie seien "erfolgreich abgeschlossen" worden, sagte ein Moderator des Fernsehsenders CCTV-7, Chinas staatlichem Militärnachrichtensender, am Freitagabend.

Auf dem chinesischen Festland hatten die Kommunisten am Ende eines Bürgerkriegs 1949 die Macht übernommen, während sich auf Taiwan damals die vorherige Regierung hielt. Taiwan wird von den USA und anderen Staaten unterstützt, die allerdings mit Rücksicht auf China von einer offiziellen diplomatischen Anerkennung des Landes absehen. Das Schicksal der Insel ist auch wegen ihrer Rolle in der Halbleiterindustrie von großer Bedeutung für die Weltwirtschaft. In Taiwan ist unter anderem der weltgrößte Auftragschiphersteller ansässig. (APA, red, 25.5.2024)