Wer sich über Crowdfunding an Projekten – etwa an einer Immobilie – beteiligt, erhält dafür in der Regel ein sogenanntes qualifiziertes Nachrangdarlehen. Fällt das Projekt aus, haben diese Anleger aber das Nachsehen. Denn sie werden erst berücksichtigt und bekommen offene Forderungen erstattet, wenn alle anderen Gläubiger – etwa eine finanzierende Bank – bedient wurden. Wie der Name des Produkts sagt, werden Inhaber von Nachrangdarlehen eben nachrangig behandelt.

Die Krise im Immobiliensektor schlägt auf Crowd-Anleger durch. Fallen Projekte aus, sind die Investments bedroht.
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Dieses Schicksal erleiden derzeit hunderte Anleger, weil die Krise im Immobiliensektor auch vor den angebotenen Crowd-Projekten nicht haltmacht. Wie DER STANDARD berichtete, schlitterte beispielsweise die Immobiliengruppe VMF in die Insolvenz. Finanzierungen von mehreren Millionen Euro hängen damit in der Luft. 15 Projekte auf drei Plattformen hatte die VMF-Gruppe zuletzt noch ausgeschrieben. Auch Anleger von Zinsquartier haben derzeit keine Klarheit, wie es um ihr eingesetztes Kapital steht. Die Plattform ist aus dem Netz verschwunden, Informationen zum Stand der Dinge sind rar.

Starke Kritik

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat die Ausgabe von qualifizierten Nachrangdarlehen in der Vergangenheit oft kritisiert. Diese Papiere beraubten Anleger mehr oder minder all ihrer Rechte, hieß es aus der Aufsicht. Vor allem jene Crowd-Anbieter, die unter dem Alternativfinanzierungsgesetz ihr Geschäft anbieten, haben bisher auf diese Darlehen gesetzt, weil das Gesetz keine andere Alternative zugelassen hat. Hinzu kommt, dass jene Geschäfte, die unter dem Alternativfinanzierungsgesetz abgewickelt werden, auch nicht der Aufsicht unterliegen.

Anders ist das bei Unternehmen, die nach der europäischen Verordnung für Crowdfunding (European Crowdfunding Service Providers, ECSP; gilt seit November 2021) registriert sind. Diese Verordnung schafft einen harmonisierten Regulierungsrahmen für die gesamte Europäische Union. Diese Anbieter unterliegen der Aufsicht der FMA.

Die Plattform Dagobertinvest ist seit September 2023 nach der EU-Verordnung zertifiziert. Damit kam auch die Entscheidung, künftig keine qualifizierten Nachrangdarlehen mehr auszugeben. "Wir wollen unseren Anlegern eine zusätzliche Sicherheit geben", sagt Andreas Zederbauer, Vorstand von Dagobertinvest. Mit ECSP können bis zu einem Betrag von fünf Millionen Euro besicherte Kredite vermittelt werden – so wie bei einer Bank. Dagobertinvest kann auch – hinter der Bank und stellvertretend für die Anleger – ins Grundbuch des jeweiligen Objekts gehen. "Wer sich so an einer Immobilie beteiligt, ist damit ein klassischer Kreditgeber", sagt Zederbauer. Der Anleger komme in eine bankenähnliche Rolle.

Höhere Sicherheit

Auch die bisherige Unterscheidung in unbedingten und bedingten Rückzahlungsanspruch, der an qualifizierten Nachrangdarlehen hängt, ist mit ECSP gefallen. "Für unsere Anleger gibt es nur noch einen unbedingten Rückzahlungsanspruch", sagt Zederbauer. Damit könne ein Bauträger Rückzahlungen nicht mehr einfach verschieben. Tue er es dennoch, gelte er als zahlungsunfähig. "Dann kann die Plattform auch die Sicherheiten fällig stellen", sagt Zederbauer.

Ungefähr fünf Millionen Euro wurden bei Dagobertinvest schon nach dem neuen System finanziert. Dass Anleger Immobilien derzeit skeptisch sehen, merke man am zurückgegangenen Zeichnungsvolumen. Seit dem vergangenen Sommer sei die Problemlage der Immobilienwirtschaft auch bei den Plattformen angekommen. "Immobilien per se sind nach wie vor kein schlechtes Investment", sagt Zederbauer. Doch die Ausfälle à la Signa würden zu einer Unsicherheit beitragen.

Seit 2015 hat Dagobertinvest mehr als 320 Immo-Projekte finanziert. Ausfälle habe es immer wieder einmal gegeben. Doch, so betont Zederbauer, ein richtiger Ausfall bestehe nur, wenn es ein Insolvenzverfahren gebe und dieses auch abgeschlossen sei. Gerate ein Bauträger oder Entwickler in Nöte, bedeute das nicht immer auch einen Zahlungsausfall. Solange ein Verfahren laufe, bestehe immer auch die Möglichkeit, dass andere Investoren einsprängen oder sich die Geschäftslage wieder drehe. Nicht jedes Problem, das im Laufe einer Finanzierung auftrete, werde zu einem Totalausfall, betont der Experte.

"Sind ein Vermittler"

Komme es zu einem Ausfall, stehe man als Plattformbetreiber seinen Anlegern natürlich mit Rat zur Seite. Zederbauer verweist aber darauf, dass die Leistung der Crowd-Plattform mit der Veröffentlichung eines Angebots beginne und ende, wenn der Kunde sein Geld einbezahlt habe. "Wie sind die Vermittler zwischen jenen, die eine Finanzierung suchen, und jenen, die Geld investieren wollen", so der Experte. Die Plattform sei nicht verantwortlich dafür, dass Anleger ihr versprochenes Geld auch bekommen. "Moralisch sehen wir uns natürlich dazu verpflichtet, unseren Kunden bei einem Ausfall oder Problemen zu helfen", sagt Zederbauer. Ein Service per se sei das aber nicht, es gebe dafür keine rechtliche Verpflichtung.

In Österreich ist neben Dagobertinvest auch die Plattform Conda ECSP-zertifiziert. In Deutschland gebe es bisher drei Plattformen, die nach der EU-Verordnung anbieten. Dagobertinvest will seine EU-Lizenz auch für den Ausbau des Geschäfts nützen. Neben Österreich werden auch Projekte in Tschechien angeboten. Polen soll folgen, erste Gespräche laufen bereits, ebenfalls mit der Slowakei. Der Anbieter will sich vor allem in Osteuropa etablieren. (Bettina Pfluger, 27.5.2024)