Gitanas Nausėda bei der Stimmabgabe.
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Vilnius – Der litauische Präsident Gitanas Nausėda hat sich am Sonntag eine weitere Amtszeit gesichert. Der favorisierte Amtsinhaber setzte sich in einer Stichwahl gegen Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė durch, die bereits vor fünf Jahren den Kürzeren gegen Nausėda gezogen hatte. Šimonytė gestand ihre Niederlage bereits vor Ende der Auszählung ein, da Nausėda haushoch vorn lag. Nach Auszählung von 90 Prozent aller Wahlbezirke lag er bei 75 Prozent der Stimmen.

"Ich möchte mich beim litauischen Volk für seine Unterstützung bedanken", sagte Nausėda auf seiner Wahlparty und sprach von einem "großen Vertrauensmandat". "Ich bin mir dessen bewusst, dass ich diesen Vertrauensvorschuss wertschätzen muss", betonte er und dankte seiner Rivalin Šimonytė für den ehrenhaften Wahlkampf.

Šimonytė konnte im Vergleich zur ersten Wahlrunde kaum zulegen. Sie hatte sich mit rund 20 Prozent der Stimmen für die Stichwahl qualifiziert, während der Amtsinhaber auf 44 Prozent gekommen war. Vor fünf Jahren hatte der parteilose Politiker das Duell mit Šimonytė mit 66 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Wahlbeteiligung lag nach den vorläufigen Angaben bei 49,6 Prozent und damit niedriger als bei der Wahl 2019.

Entschlossener Ukraine-Unterstützer

Nausėda hat sich als entschlossener Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine einen Namen gemacht. International profilierte er sich zudem als engagierter Vertreter der Interessen seines Heimatlandes, das durch seine Lage an der Nato-Ostflanke in der geopolitischen Konfrontation mit Russland besonders exponiert ist. Deutschland will eine gefechtsbereite Brigade mit bis zu 5000 deutschen Soldaten dauerhaft in dem zwischen Belarus und der russischen Ostseeexklave Kaliningrad liegenden Land stationieren. Die auch "Suwalki-Lücke" genannte litauisch-polnische Grenze gilt als Achillesferse der Nato, weil sie konventionell kaum gegen einen russischen Angriff zu verteidigen ist und die einzige Landverbindung zwischen den drei baltischen Ex-Sowjetrepubliken und dem Rest des westlichen Verteidigungsbündnisses ist.

In Litauen hat das Staatsoberhaupt vorwiegend repräsentative Aufgaben, im Vergleich zum österreichischen Bundespräsidenten aber weitergehende Kompetenzen in der Außen- und Verteidigungspolitik. Bei vielen Fragen sprechen Nausėda und Šimonytė dabei mit einer Stimme. Entschieden befürworten beide etwa eine starke Rolle der Nato für die Sicherheit der Region und unterstützen höhere Militärausgaben.

Unterschiede zwischen den beiden konservativen Ökonomen bestehen bei gesellschaftspolitischen Fragen wie dem Recht auf Abtreibung und der Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Dabei vertritt Šimonytė in dem katholisch geprägten Litauen eine liberalere Haltung als Nausėda.

Selenskyj gratuliert

"Mit der Wiederwahl von Gitanas Nausėda werden wir Kontinuität in der Außen- und Sicherheitspolitik sehen", sagte die Politikwissenschafterin Rima Urbonaitė von der Mykolas-Romeris-Universität in Vilnius. Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs waren Sicherheit und Verteidigung die wichtigsten Wahlkampfthemen. "Die Unabhängigkeit und Freiheit Litauens ist wie ein zerbrechliches Gefäß, das wir pflegen, schützen und vor Rissen bewahren müssen", sagte Nausėda am Sonntagabend vor Journalisten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gratulierte Nausėda zu seiner Wiederwahl. "Sie haben uns in diesen sehr schwierigen Jahren jeden Tag und jede Nacht zur Seite gestanden", schrieb Selenskyj im Onlinedienst X. "Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam für Freiheit, Frieden und Sicherheit in der Ukraine, in den baltischen Staaten und in ganz Europa sorgen werden." (APA, 26./27.5.2024)