Bangkok - In Thailand hat am Sonntag eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung stattgefunden, die 18. seit der Abschaffung der absoluten Monarchie vor 75 Jahren - und der erste Urnengang in dem südostasiatischen Land seit dem Militärputsch im September 2006. Die von der Armeeführung ausgearbeitete neue Verfassung ist vorläufigen Ergebnissen zufolge mit unerwartet geringer Mehrheit angenommen worden. Nach der Auszählung von 95 Prozent der Stimmen gab die Wahlkommission die Zustimmung am Sonntag mit 58 Prozent an, 42 Prozent der Wähler hätten mit Nein gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag den Angaben zufolge bei knapp 57 Prozent. Eine Nachwahlbefragung hatte noch eine Zustimmung von 68 Prozent ermittelt. Für die Annahme des Entwurfs ist eine einfache Mehrheit erforderlich.

Die Putschisten erhofften sich eine Bestätigung ihres Kurses. Die Opposition rief ihre Anhänger dazu auf, bei der Volksabstimmung mit Nein zu votieren oder sie zu boykottieren. Es wurde allgemein erwartet, dass die 45,6 Millionen Stimmberechtigten dem vom Militär ausgearbeiteten Entwurf mehrheitlich zustimmen. Für diesen Fall haben die Militärmachthaber für Dezember Parlamentswahlen in Aussicht gestellt.

Annähernd 200.000 Polizisten und Soldaten waren landesweit im Einsatz. Die Streitkräfte hatten im September 2006 mit Zustimmung von König Bhumibol Adulyadej die zivile Regierung des Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra gestürzt, dem Korruption, Vetternwirtschaft und ein autokratischer Führungsstil zur Last gelegt wurden.

Festigung der Macht

Der 186 Seiten umfassende Verfassungsentwurf schmälert die Machtbefugnisse des Regierungschefs, dessen Amtszeit damit auf zwei vierjährige Mandate beschränkt wird. Außerdem ist ein Im- peachment-Verfahren vorgesehen. Kritiker bemängeln, dass die Macht der Armee zementiert würde und die Streitkräfte weiter die Fäden ziehen könnten.

Eine große Bedeutung hat die Stimmbeteiligung, über die zunächst keine Angaben vorlagen. Bleibt sie unter 50 Prozent, wäre nach Einschätzung von Experten die Legitimität des neuen Verfassungstextes infrage gestellt. Die Militärregierung hat daher mit einer massiven Kampagne für eine Beteiligung geworben. Sie versprach ein "stabiles und moralisch begründetes politisches System", durch das Demokratie und konstitutionelle Monarchie gesichert würden.

Experten meinen, die Verfassung soll vor allem die Herrschaft der alten Eliten wieder herstellen, die der gestürzte Thaksin mit seiner Partei "Thai Rak Thai" (Thai lieben Thai) seinerzeit herausgefordert hatte. Er stammt aus der chinesischen Volksgruppe und ist der Sohn eines Seidenhändlers. Thaksin, der sich vor allem auf die ärmere Bevölkerung stützte, war zweimal zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Gegen ihn wurden aber schwere Korruptionsvorwürfe erhoben, als seine Familie ihren Anteil an dem von ihm gegründeten Telekommunikationsunternehmen steuerfrei für 1,9 Milliarden Dollar nach Singapur verkaufte. Er lebt inzwischen in London im Exil.

Die Anhänger Thaksins hatten dazu aufgerufen, mit Nein zu stimmen oder das Votum zu boykottieren. In Thaksins Hochburgen im Nordosten des Landes wurden die Menschen nach Angaben von Wahlleitern auch mit Geld geködert, diesem Aufruf zu folgen. Das amtliche Endergebnis des Referendums dürfte am heutigen Montag bekanntgegeben werden. (Reuters, AP, AFP/DER STANDARD, Printausgabe, 20.8.2007)