Alpbach – Der frühere EU-Kommissar und jetzige Präsident des Ökosozialen Forums, Franz Fischler, tritt vehement für die Einführung eines Zuschlags auf Flugtickets in Österreich ein. Die daraus erzielten Einnahmen sollten für Entwicklungshilfeprojekte zweckgebunden werden, sagte Fischler im STANDARD-Gespräch am Rande der Alpbacher Reformgespräche, die am Montag begonnen haben. Die Kritik internationaler Entwicklungshilfeorganisationen an Österreichs Entwicklungshilfepolitik sei nur zu verständlich. Nach OECD-Zahlen lag Österreich im Vorjahr bei den öffentlichen Aufwendungen für die Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA) unter den OECD-Geberländern an 16. Stelle. Die Ausgaben bewegten sich in einer Höhe von 1,513 Mrd. Dollar (rund 1,2 Mrd. Euro). Das war real um sechs Prozent weniger als 2005. Knapp die Hälfte der Summe entfiel auf Entschuldungsmaßnahmen, hauptsächlich mit Kamerun, Irak und Serbien.

"Schuldennachlass hat mit Entwicklungshilfe nichts zu tun, das gehört gestoppt," sagte Fischler. Zwar würden auch andere Länder Schuldennachlässe als nationalen Entwicklungshilfebeitrag werten, aber Österreich sei "Europameister in dieser Disziplin". Fischler, der auch STANDARD-Kolumnist ist, sieht angesichts der guten Konjunktursituation "eine einmalige Chance, die die Bundesregierung nutzen sollte, um in der Entwicklungspolitik eine neue Richtung einzuschlagen". Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter und sein Amtskollege im Außenministerium, Hans Winkler, sind im Auftrag des Ministerrats seit Mai dabei, einen Fahrplan für die öffentliche Entwicklungshilfeleistung aufzustellen.

Österreich hat sich verpflichtet, seinen Entwicklungshilfeanteil bis 2010 auf 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE; Summe des Wertes aller im Laufe eines Jahres von der Bevölkerung eines Staates bezogenen Einkommen aus Arbeit und Kapital) zu steigern. 2015 sollen es 0,70 Prozent sein.

Mit seinem derzeitigen Entwicklungshilfeanteil von 0,48 Prozent vom BNE liegt Österreich leicht über dem EU-Schnitt von 0,46 Prozent. "Das ist kein Ruhmesblatt", sagte Fischler. Um die 0,51 Prozent zu erreichen, fehlen rund 500 Mio. Euro. Mit einer Abgabe von "ein paar Euro je Flugticket" könnte nach Ansicht von Fischler rund ein Zehntel dieser Summe eingespielt werden. Frankreich, wo Anfang Juli eine solche Abgabe eingeführt worden ist, sei sogar die anfangs skeptisch gewesene Air France auf Pro-Kurs eingeschwenkt, da sie keinerlei Einbußen registrieren musste. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.08.2007)