Mogadischu/New York – „Die Menschen in Mogadischu beobachten die internationalen Medien und sehen, dass Somalia nicht mehr vorkommt. Sie baten mich: Vergesst uns nicht!“, erzählt der Präsident von Ärzte ohne Grenzen International (MSF), Christophe Fournier, der gerade aus der umkämpften somalischen Hauptstadt zurückgekehrt ist, dem Standard. Die Situation habe sich seit Jahresbeginn alarmierend verschlechtert, da die Patienten keinen Zugang mehr zu ärztlicher Versorgung hätten.

Anfang des Jahres hätte es noch 800 Spitalsbetten gegeben, nun seien es nur mehr 250, da viele Gesundheitszentren schließen mussten. Die Anzahl der für MSF arbeitenden Ärzte ist in diesem Zeitraum von 54 auf 13 gesunken. Entweder hätten die Ärzte die Stadt bereits verlassen, oder sie wagten sich nicht mehr zur Arbeit zu gehen. „Sie sind paralysiert und sitzen in ihren Vierteln fest“, so Fournier.

Bomben auf Markt

In der Nacht könne man sich aufgrund der Kämpfe in den Straßen gar nicht in Mogadischu bewegen, unter Tags nur in Konvois. Mitarbeiter der Hilfsorganisation sprechen von täglich tausend Menschen, die die Stadt verlassen. Fournier schätzt die Anzahl derer, die in die Vororte Mogadischus fliehen, aber viel höher ein. „Und auch dort beeinträchtigt die Unsicherheit das Leben , erzählt er. So sei es zu einem Bombardement auf einen Markt in einer Vorstadt gekommen. Den Flüchtlingen fehle es an der grundlegendsten Versorgung. Zwölf Prozent der von MSF in Mogadischu untersuchten Kinder seien so unterernährt, dass sie in Todesgefahr schweben.

In den vergangenen Tagen hat die Ermordung eines mächtigen Klan-Führers zudem eine neue Welle der Gewalt mit Dutzenden von Toten ausgelöst. Dem 63-jährigen Moalim Harun Yusuf, der in Mogadischu erschossen wurde, fiel eine Schlüsselrolle in der „Nationalen Versöhnungskonferenz“ zu.

Die Konferenz von rund 1300 Klan-Vertretern galt als letzte Chance für die mit äthiopischer Militärhilfe installierte Übergangsregierung, dem nach 16-jährigem Bürgerkrieg vollständig zerrütteten Land etwas Stabilität zu bringen. Der UNO-Sicherheitsrat hat Anfang der Woche das Mandat der Somalia-Friedenstruppe der Afrikanischen Union (Amisom) um sechs Monate verlängert – und damit den Einsatz einer UNO-Truppe hinausgezögert.

Die Amisom ist seit März in Mogadischu tätig. Anstelle der geplanten 8000 Soldaten sind bisher allerdings erst 1700 aus Uganda im Einsatz. Truppenentsendungen aus anderen Ländern wurden durch logistischen Probleme und Geldmangel verzögert. (AFP, AP, awö/DER STANDARD, Printausgabe, 23.8.2007)