Wien – "Wir waren gerade bei der Geburtsvorbereitung und haben von unserer Hebamme erfahren, dass sie nicht, wie vereinbart, die Geburt in der Semmelweisklinik leiten darf. Jetzt müssen wir auf die Schnelle schauen, ein Ordensspital zu finden, damit wir unser Kind mit der Hilfe unserer Hebamme zur Welt bringen können." Christian H. und Daniela A., die in einigen Wochen entbinden wird, sind mehr als aufgebracht. Nicht nur bei den Betroffenen hat der seit 1. August geltende Stopp der Wahlhebammen-Geburt in der Semmelweisklinik, über den der Standard bereits in seiner Mittwochausgabe berichtete, für Aufregung gesorgt. "Was passiert nun eigentlich mit jenen Schwangeren, die im guten Glauben an die Verlässlichkeit des öffentlichen Spitals für Geburten angemeldet sind und nun mit ihrer Wahlhebamme auf der Straße stehen?", fragt Sigrid Pilz, Gesundheitssprecherin der Wiener Grünen. "Bisher hat man es nicht einmal für nötig gehalten, die Betroffenen zu informieren."

Wahlhebammen-Modell

"Das ist unglücklich gelaufen", gestand Wilhelm Marhold, Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV), am Mittwoch ein. Grund für die Beendigung der seit zwölf Jahren erfolgreich angebotenen Wahlhebammen-Geburt sei die fehlende rechtliche Grundlage für die Tätigkeit freiberuflicher Hebammen als Geburtsleiterinnen in einem öffentlichen Spital. Im Büro von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SP) beteuert man, weiter hinter dem Modell zu stehen. Michael Adam, der bis zum 31. Juli die Semmelweisklinik leitete, soll zum Projektleiter für ein allenfalls zu erarbeitendes Wahlhebammen-Modell gemacht werden.

Angesichts der "Technisierung der Geburt" und steigender Kaiserschnittraten sei die Möglichkeit einer hebammengeleiteten Geburt unverzichtbar, fordert Pilz eine Fortführung des Modells. Die Wahlhebammen dürften nicht an der Starrheit der Gemeindespitäler scheitern, meint auch ÖVP- Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec. FPÖ-Gemeinderat David Lasar bietet den Hebammen rechtliche Unterstützung gegen die Stadt an.

Das Projekt "In Geborgenheit geboren" sei schon bei der Implementierung im Jahr 1995 "sehr konfliktträchtig" gewesen, weiß die Frauengesundheitsbeauftragte Beate Wimmer-Buchinger. Peter Wagenbichler, der damalige ärztliche Direktor der Semmelweisklinik, unter dem das Modell der Wahlhebammen eingeführt wurde, ist überzeugt, dass die jetzige Klinikführung "das endgültig Aus nicht erlauben will", und hofft auf eine rechtliche Klärung. (APA, kri/ DER STANDARD Printausgabe 23.8.2007)