Wer kennt das nicht: in Hausbrieffächern falsch eingeordnete Briefe und Zeitungen, die schmuckvoll drapiert auf dem Postkasten auf ihren richtigen Empfänger warten. Mieter, die sich ihre Post über eine Art hausinterne Tauschbörse besorgen müssen oder Irrläufer, die, wenn überhaupt, mit tagelanger Verspätung eintrudeln.

Mag sein, dass die Fehlleistungen der Zusteller des staatlichen Monopolisten für Briefe bis 50 Gramm tatsächlich nur von den berühmten schwarzen Schafen verursachte Einzelfälle sind. Die Wahrscheinlichkeit, jemanden zu treffen, der Szenen wie diese erlebt und bei der Beschwerdestelle der Post im besten Fall eine Entschuldigung, vielleicht aber auch nur Achselzucken geerntet hat, ist allerdings ziemlich groß.

Nun will die Post bei ihren 12.000 Briefträgern sparen und jährlich rund 400 der mit gelben Wagen von Haus zu Haus ziehenden Zusteller wegrationalisieren. Dass deren Job nicht sehr lustig ist, lässt sich erahnen: Schlecht bezahlt ist er und – vollgepackt mit kiloweise Prospekten – auch körperlich anstrengend. Dass die Fluktuation hoch ist, merkt der p.t.-Kunde spätestens, wenn in seinem Rayon ein neuer Briefträger unterwegs ist, der die Zeitung mittags bringt, statt in der Früh.

Vor diesem Hintergrund scheint die öffentliche Erregung über den Sparkurs zulasten der Briefträger angebracht. Denn nach der großflächigen Schließung von Postämtern ist abseits der Ballungsräume eine Verschlechterung des Zustellservice zu befürchten.

Zu hinterfragen ist freilich, ob es von der Post-Führung klug ist, ausgerechnet das lukrative Briefgeschäft, mit dem sie den Löwenanteil ihrer Gewinne erwirtschaftet, zu schwächen. Denn die Zusteller sind der direkte Draht zum Kunden. Wird der gestört, läuft die Kundschaft zur Konkurrenz. Gelegenheit dazu wird sie bald reichlich haben, zumindest in Ballungsräumen. Denn 2011 fällt das Briefmonopol in der EU. Dann ist es vorbei mit dem Schrebergarten, in dem nur die gelben Postler die – bis dahin noch nicht durch E-Mails ersetzten – Briefe zustellen dürfen.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Selbstverständlich ist es richtig, dass sich der gelbe Riese für diese Herausforderung rüstet. Denn dann wäre nach dem überaus lukrativen Geschäftspaketmarkt, den die Post vor Jahren an private Speditionen abgegeben hat und in dem sie seither nicht wieder wahrnehmbar Fuß fassen konnte, auch noch der Kernmarkt Brief weg.

Der kaufmännischen Vorsicht und den (seit dem Börsengang auch privaten) Aktionären verpflichtet, hat das Management unter Generaldirektor Anton Wais selbstverständlich auch dafür zu sorgen, dass der teilstaatliche Riese so effizient geführt wird wie möglich. Gibt es Überkapazitäten bei dem noch immer auf einem hohen Beamten- und damit Personalkostenanteil sitzenden Milliardenkonzern, sind diese abzubauen. Die Gewerkschaft, in der Vergangenheit fast inflationär mit Protesten gegen das Management in der Öffentlichkeit, bestreitet das. Das sollte sich anhand internationaler Benchmarks aber rasch klären lassen.

Die Alternative, Einsparungen im Filialnetz, dessen Verluste nur durch die Provisionen aus dem Finanzdienstleistungsgeschäft mit der Bawag PSK wettgemacht werden, steht der Post vorderhand nicht offen. Da sind Bürgermeister und Landeshauptleute davor. Und für deren teure Sonderwünsche ist der für die Versorgungssicherheit mit Postdiensten zuständige Verkehrsminister Werner Faymann bekanntlich zugänglich.

Eine weitere Alternative – die Expansion ins östliche Ausland – zeitigt bis dato nur sehr überschaubare Erfolge. Hier ein kleiner Paket-Schnelldienst, dort ein kleiner Zettelverteiler und ein paar Speditionen. Mehr als fünf Prozent Umsatz bringt die Post im Osten nicht auf die Waage.

Dies ist ein weiterer Grund für Skepsis, ob die angestrebte Rationalisierung im Monopolsegment Brief der Königsweg ist. Sehr kreativ schaut er nicht aus. Denn beim Service sollte ein Dienstleister mit historisch schlechtem Image nicht sparen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.8.2007)