Der Ahtisaari-Plan sei ein "Haufen Dünger" und eine "zweite Auflage des Münchner Abkommens" - das Hitler den Anschluss des Sudetenlands sicherte - hatte der Vorsitzende der slowakischen Nationalpartei, Jan Slota, bereits vor Monaten wissen lassen. Minderheiten hätten kein "Recht auf einen eigenen Staat". Und der Kosovo werde "ein Staat der Drogendealer und Zuhälter", fügte er hinzu.

Bei der Mehrheit der europäischen Politiker, die dem Ahtisaari-Plan, also der überwachten Unabhängigkeit des Kosovo und den Status-Verhandlungen in den vergangenen eineinhalb Jahren skeptisch gegenüberstanden, fiel die Kritik bei Weitem nicht so grob aus wie bei Slota. Aber Geschlossenheit, wie sehr sie auch beschworen wurde, gab es unter den EU-Regierungen in der Kosovo-Frage nie.

In der Slowakei sind bis auf die Partei der Ungarischen Koalition (SMK) alle Fraktionen für eine Lösung, der auch Belgrad zustimmt, und damit auf russischer Linie. Auch Slowenien, Rumänien, Griechenland und Spanien plädieren für Einvernehmlichkeit. Die Gründe dafür sind verschieden: In Bratislava, Bukarest und Madrid fürchtet man separationsinteressierte Minderheiten. Tatsächlich hat SMK-Chef Pal Csaky gemeint, der Fall Kosovo könne ein Vorbild in dem Sinne sein, dass die SMK eine "höhere Ebene" der individuellen Rechte für die ungarische Minderheit in der Slowakei fördern sollte. In Spanien warnte Europaminister Alberto Navarro mit Blick auf das Baskenland: "Wenn wir anfangen, Länder aufzuteilen, dann könnte sich die Landkarte Europas jährlich ändern."

Zweitens kursiert unter jenen Europäern, die eine einseitige Unabhängigkeit mithilfe der USA und ohne UNO-Resolution skeptisch sehen, die Frage, ob es schlau ist, Serbien und Russland nachhaltig zu vergraulen. Griechenland etwa hat, wenn es den Kosovo betrachtet, nicht nur das türkisch besetzte Nordzypern und dessen Anerkennungswünsche im Blick, das orthodoxe Land hatte sich schon bei der Abstimmung über die Nato-Intervention gegen das ebenfalls orthodoxe Serbien im Jahr 1999 der Stimme enthalten. Die griechische Außenministerin Dora Bakoyannis betont die "legitimen Interessen" Serbiens.

Auch Slowenien bevorzugt eine Lösung, die von Serben und Albanern akzeptiert wird. "Wir wollen mit dem Ahtisaari-Plan weitermachen, aber wir wollen niemanden unglücklich machen - unglücklich ist sogar noch ein zu weiches Wort. Es gibt da einige ernsthafte Probleme", findet Außenminister Dimitrij Rupel.

Drittens geht es in der Kosovo-Frage um eine grundsätzliche Haltung der EU-Regierungen zu Russland und den USA. Unterschiede zwischen Links und Rechts sind da durchaus erkennbar. SPÖ-Klubobmann Josef Cap hatte kürzlich gemeint, die USA könnten nicht der Schrittmacher sein, und auf die bedeutende Rolle Russlands hingewiesen. Auch Verteidigungsminister Norbert Darabos meint, dass die Serben zu wenig in die Verhandlungen einbezogen worden seien. Zeitgleich kritisierte er das geplante US-Raketenschild in Tschechien und Polen.

Und nicht nur die Meinungen unter den Europäern gehen auseinander, sondern auch jene innerhalb der Regierungen. Während etwa der slowakische Premier Robert Fico strikt gegen das US-Raketenschild ist, ist Außenminister Jan Kubis dafür. Ähnlich ist es in Österreich, wo die Positionen von Außenministerin Ursula Plassnik, die für eine rasche Lösung der Kosovo-Frage auch außerhalb des UN-Sicherheitsrats ist, und Kanzler Alfred Gusenbauer, der auf eine UN-Resolution pocht, auseinanderdriften.

Auffällig ist, dass es sich bei der slowakischen Smer, den spanischen und den österreichischen Sozialdemokraten um drei linke Parteien handelt, die nicht nur in der Kosovo-Frage eine US-kritische Haltung einnehmen und teils auf die Interessen Russlands eingehen, sondern auch strikt gegen Grenzziehungen nach ethnischen Kriterien sind. Eine Teilung des Kosovo - in Nordmitrovica leben vorwiegend Serben - kommt etwa für die SPÖ nicht infrage. (DER STANDARD, Printausgabe, 25./26.8.2007)