"Wissenschaft ist keine Demokratie." Daher dürfe auch das Geld nicht demokratisch an die Schwächeren verteilt, sondern nur wirklich gute Wissenschaft finanziell gefördert werden. Eine breite Streuung führe nicht in die Spitzenliga. Wer so prononciert spricht? Ein Mann, der es wissen muss: Hans Wigzell, wissenschaftlicher Berater der schwedischen Regierung und ehemals Vorsitzender des Nobelpreiskomitees für Medizin.

Der Mann weiß, wovon er spricht. Schweden führt Europas Top-Liga der Innovation an. Forschung und Entwicklung sind im Norden Europas nicht nur in Sonntagsreden, sondern auch auf politischer Ebene absolute Chefsache.

Das zweite Erfolgsgeheimnis der Nordlichter: Reichlich fließende staatliche Fördergelder werden im Wettbewerb vergeben. Nicht weil Wettbewerb so lustig ist oder eine heilige Kuh oder gar Selbstzweck, wie Kritiker monieren. Sondern weil er insbesondere für Innovationsförderung das wirkungsvollste Steuerungsinstrument ist. Es gewinnen die Besten - und ganz nebenbei wird auch noch die Produktion von Hirnschmalz angeregt.

Auf die österreichischen Forschungspolitiker hat sich von dieser Geistesleistung bis dato leider wenig übertragen. Das haben sie dieser Tage bei den Technologiegesprächen in Alpbach einmal mehr eindrucksvoll bewiesen. Möglichkeiten, sich Impulse zu holen, hätten sie gehabt, waren doch alle versammelt (mit Ausnahme von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, der sich den Weg ins Tiroler Denkerdorf gleich ersparte) - samt Beratern und Beamten.

Schonungslos offengelegt haben dafür einige von ihnen, wes Geistes Kinder sie sind. Versammelt an einem Wirtshaustisch haben die Wirtschaftslandesräte der Steiermark, Tirols, Salzburgs, Nieder- und Oberösterreichs nicht nur nach mehr Fördergeldern des Bundes für "ihre" Kompetenzzentren gerufen (Forderungen allein wären ja noch kein Problem), sondern auch gleich einen flotten Erpressungsversuch nachgeschoben. Rücke der Bund, so meinten sie sinngemäß, für "ihre" tollen Kompetenzzentren nicht mindestens 40 Millionen Euro zusätzlich heraus, gingen hunderte Spitzenjobs und damit die Zukunft des Landes verloren.

Abgesehen davon, dass jede Schließung einer Wissenschaftseinrichtung oder eines Hightechbetriebs für die betroffene Region, die Beschäftigten und die Industrie schlecht und bedauerlich ist: Lebenslanges Hängen am Subventionstropf ist ungesund, auch oder besonders für die Wissenschaft. Es macht träge und ist eine sinnlose Verbrennung von Steuergeld.

Zur Erinnerung: Dass die leider nur teilweise im Wettbewerb vergebenen Kompetenzzentren 2006 auslaufen werden, weiß man - auch bei den mitzahlenden Ländern - seit 1999. 2007, also nach einem Jahr in der Verlängerung, dämmert es plötzlich allen, dass viele der 40 Kooperationsunternehmen von Wissenschaft und Industrie kein frisches Geld mehr bekommen.

Dass der Bund im neuen Kompetenzzentren-Programm insgesamt mehr Fördergeld gibt, aber weniger Initiativen finanziell besser ausstattet, um die Besten zu unterstützen, wird ignoriert.

Aber mit Wettbewerb stehen die Österreicher generell auf Kriegsfuß - es sei denn, es geht um jenen: Welches Ministerium verfügt über die bessere Geldverteilungsmaschine? Daneben bastelt der Wissenschaftsminister an einer neuen Forschungsstrategie, obwohl der dafür bestellte Forschungsrat soeben seine vorgelegt hat. Das Infrastrukturministerium wiederum lässt endlich die Forschungsförderung - jährlich immerhin ein Volumen von 1,1 Milliarden Euro - evaluieren, erfindet aber ständig neue Programme, ohne die Prüfung bestehen- der Maßnahmen abzuwarten. Quasi im Vorbeigehen wird auch noch der Rat vor laufender Kamera abmontiert.

Dabei wäre es, frei nach Forschungsratschef Knut Consemüller, ganz einfach: Wo Sieger sind, gibt es auch Verlierer. Da Geld derzeit nicht das Hauptproblem ist, sollte die Bundesregierung ihre geistigen Ressourcen bündeln. (DER STANDARD Printausgabe 25.08.2007)