Ein "richtiger Held": Major Jason Amerine der US-Special Forces zeigt im US-Army-Spiel, wie hart die richtige Ausbildung bei seiner Einheit ist.

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"Werte", auf die es ankommt, werden mitgeliefert. Kampfbereite Spieler vor dem Computer können sich während der Ladezeiten einprägen, worauf es ankommt: Loyalität, Ehre, Selbstlosigkeit und ein soldatischer Treueschwur auf die USA. "America's Army", das offizielle Computerspiel der US-Armee möchte mit Heeresidealen und scheinbar realistischen Eindrücken vom Leben in der Armee neue (echte) Soldaten kostengünstig rekrutieren. Kritiker werfen dieser Strategie offene Propaganda und Verminderung der Gewaltschwelle als Vorbereitung auf reale Gefechte vor.

Kämpfe gegen andere menschliche Spieler

Die Spieler kämpfen, wie es bei "Ego-Shootern" die Regel ist, aus der Perspektive eines Spielcharakters gegen andere (menschliche) Spieler auf einem dreidimensionalen Kampfterrain. Ein gut platzierter Schuss reicht, um einen Gegner auszuschalten.

Die Software wurde aus dem US-Haushalt finanziert, für die Soldaten vor den Schirmen entstehen keine Kosten. Dafür können sie im Spiel auf den Menüpunkt "Explore the Army" klicken und die "Virtual Recruiting Station" besuchen, wo sie zum Beispiel beim virtuellen Charakter des "real hero" Major Jason Amerine von den Special Forces (Bild) ein Werbevideo über die harte Ausbildung bei der Einheit ansehen können.

200.000 Dollar Preisgeld

Bei einem von der Armee veranstalteten Turnier zum fünften Geburtstag von America's Army am amerikanischen Nationalfeiertag gab es 200.000 Dollar (147.340 Euro) an Preisgeldern. Bisher wurden über 40 Millionen Kopien von den Servern geladen, im September kommt in den USA eine Version für die Microsoft-Konsole Xbox heraus.

Auch viele kommerzielle Spiele beinhalten - noch viel expliziter als bei America's Army - Kriegsszenarien, die ideologische Perspektiven aus aktuellen weltpolitischen Situationen ableiten. In vielen westlichen Spielen wird aus der Sicht von US-Truppen auf Nahost-Schauplätzen gegen bärtige Männer gekämpft. Spieleanbieter kumawar.com hat sich zum Beispiel ganz Simulationen des "Kriegs gegen den Terror" auf irakischen und afghanischen Schauplätzen verschrieben.

Märtyrer im Atomstreit

Aber auch die Gegenseite im oft proklamierten "Kampf der Kulturen" rüstet mit virtueller Propaganda auf: Ein kürzlich präsentiertes iranisches Spiel namens "Special Operation 85: Hostage Rescue" sorgt für Erregung, weil mit Handlungselementen wie der Überführung eines israelischen Spions und der Befreiung eines iranischen Atomwissenschafters auf Märtyrertum und die Verteidigung des umstrittenen Atomprogramms eingeschworen wird. Revolutionsführer Khamenei höchstpersönlich soll den Anstoß für das Spiel gegeben haben. Das Spiel ist eine Antwort auf das US-Pendant "Assault on Iran", in dem gegen iranische Fundamentalisten gekämpft wird.

Auch die Hisbollah zieht mit und brachte kürzlich "Special Force 2" heraus, das den 34-tägigen Konflikt im letzten Jahr aus der Sicht eines "Freiheitskämpfers" gegen Israel erleben lässt. Und eine Al-Kaida-nahe Organisation reagierte sogar mit dem Spiel "Quest for Bush" auf ein Anti-Al-Kaida-Spiel aus den USA.

Begrenzte Gefahr

Die Spieleforscherin Doris C. Rusch von der TU Wien sieht die Gefahr ideologisch beladener Spiele dennoch begrenzt: Sie hätten zwar Potenzial, Menschen zu beeinflussen, aber es sei sehr schwierig, ein Spiel zu kreieren, das dies ernsthaft zuwege bringe. Das Gameplay und der reale Akt des Gewinnens oder Verlierens stünden viel stärker im Vordergrund als die dahinterliegende Fiktion, mit der ideologische Aspekte transportiert werden. Die relativ simplen Herausforderungen seien in kein größeres, komplexes System eingebunden, sagt Rusch.(Alois Pumhösel/DER STANDARD, Printausgabe vom 24./25.8.2007)