Bild nicht mehr verfügbar.

Hermann Göring (erste Reihe - ganz links) beim Nürnberger Prozeß - Er wurde zum Tod durch den Strang verurteilt und entzog sich der Vollstreckung durch Selbstmord mit einer Blausäure-Giftkapsel.

Foto: REUTERS/HO
Salzburg - Die Israelitische Kultusgemeinde in Salzburg fordert die nachträgliche Aberkennung von Ehrenbürgerschaften verstorbener Nationalsozialisten. Hermann Göring wurde diese hochrangige Auszeichnung in Mauterndorf im Lungau verliehen, Eduard Paul Tratz in der Stadt Salzburg. Doch so einfach lassen sich Ehrenbürgerschaften offenbar nicht tilgen. Der Bürgermeister von Mauterndorf, Wolfgang Eder, hält eine Aberkennung nicht für sinnvoll.

"Mit Görings Tod ist auch die Ehrenbürgerschaft erloschen", meinte Eder im APA-Gespräch. "Zur nachträglichen Aberkennung müsste man ihm die Ehrenbürgerschaft posthum wieder verleihen und dann gleich wieder aberkennen." Dieses Prozedere macht für den Mauterndorfer Ortschef keinen Sinn. "Nur in Geschichtsbüchern scheint er als höchster Ehrenbürger auf. Was damals war, kann man ja nicht mehr rückgängig machen."

Ehrenbürgerschaft erlischt mit dem Tod

Der Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe und Mitverantwortliche für die Judenvernichtung war oft im Lungau. Schon als Kind verbrachte Göring viele Tage auf der Burg Mauterndorf, die seinem Patenonkel Baron Epenstein gehörte. Später bekam er die Burg von der Adelsfamilie geschenkt. Seine Mutter stammte übrigens aus dem kleinen Lungauer Ort Tweng. Die Ehrenbürgerschaft erhielt er am 15. März 1938.

Juristisch ist Mauterndorf nichts vorzuwerfen. Nach Paragraf 14 der Salzburger Gemeindeordnung erlischt die Ehrenbürgerschaft nach dem Tod. "Die Gemeindevertretung kann diese Auszeichnung ausdrücklich widerrufen, wenn die Ehrung als unwürdig erachtet wird", erläuterte Josef Zarl von der Gemeindeabteilung des Landes Salzburg. "Dafür wäre aber eine tief greifende juristische Befassung notwendig."

"Demokratie-hygienischer Akt"

Ein "Demokratie-hygienischer Akt" ist hingegen der Marktgemeine Haslach an der Mühl (OÖ) im Jahr 2004 gelungen. Die Ehrenbürgerschaft an Adolf Hitler wurde 66 Jahre nach der Ernennung getilgt.

Unverständlich ist für den Vorsitzenden der Israelitschen Kultusgemeinde, Marco Feingold, und für die Bürgerliste, dass Eduard Paul Tratz (1888 bis 1977) seit 1963 Ehrenbürger der Stadt Salzburg ist. Der SS-Offizier und Gründer des "Haus der Natur" habe das Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten nachträglich gerechtfertigt, attestierte Historiker Robert Hoffmann Anfang Juli der Stadt in einem Gutachten.

Magistratsjuristen seien der Ansicht, das geltende Stadtrecht ließe eine Möglichkeit zur Aberkennung nach dem Tod nicht zu. Es müsste vom Landtag abgeändert werden, hieß es aus dem Büro von Bgm. Heinz Schaden (SPÖ). Im Herbst werde man das Thema Tratz - falls von den Gemeinderatsfraktionen gewünscht - wieder diskutieren.

"Braune Flecken" durchleuchten

Zwei weitere Personen mit NS-Vergangenheit beschäftigen die Stadt. In Gutachten werden jetzt die "braunen Flecken" des Bildhauers Josef Thorak und des Publizisten und Festspielmitbegründers Heinrich Damisch durchleuchtet, nach denen Straßen benannt sind. Möglicherweise werden zur Erläuterung Zusatztafeln angebracht. Für den Historiker Gert Kerschbaumer ist das zu wenig: "Die Straßen gehören umbenannt. Damisch war ein Antisemit und ist schon in den 1920er Jahren der NSDAP beigetreten. Thorak war ein Günstling des Systems und Anfang 1940 von Hitler rückwirkend auf Jänner 1933 zum Ehren-NSDAP-Mitglied ernannt worden."

Ein Dorn im Auge der Kultusgemeinde ist auch die Ehrentafel des ehemaligen NSDAP-Mitgliedes und Leiters der Landesnervenklinik von 1962 bis 1984, Gerhart Harrer. Die Tafel wurde zu seinem 90. Geburtstag für seine Verdienste an dem Spital vor einem halben Jahr an einem Baum der Christian-Doppler-Klinik angebracht. Feingold: "Er war im Dritten Reich auch für die Euthanasie zuständig."

Laut einer Publikation des "Bundes sozialistischer Akademiker, Intellektueller und Künstlerinnen" (BSA) aus dem Jahr 2005 wurde Harrer im Februar 1938 SS-Mitglied. Die Autoren Wolfgang Neugebauer und Peter Schwarz bezeichneten den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie als ehemaligen "Rassenhygieniker", der "sich nach 1945 niemals kritisch mit der NS-Vergangenheit auseinander setzte, sondern im Gegenteil demonstrativ die Nähe zu ehemaligen NS-Gesinnungsgenossen wie Heinrich Gross suchte." (APA)