Wikipedia-Eintrag zu Gusenbauer.

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Beiträge in der Online-Biographie des Kanzlers wurden gestrichen oder geändert.

Foto: Reuters/Herbert Neubauer
Nicht nur CIA, Microsoft oder Scientology manipulieren die Online-Enzyklopädie Wikipedia , auch die SPÖ dürfte bereits in den vergangenen Jahren Änderungen bei Einträgen über Partei und Bundeskanzler Gusenbauer vorgenommen haben. Wie ein Blick auf die Homepage des Wikiscanner - einem Online-Werkzeug, das "Nachjustierungen" enthüllt - zeigt, wurden von SPÖ-Rechnern aus zum Beispiel diese Zeilen gestrichen: "Auch in den auf die Nationalratswahl 2002 folgenden Jahren konnte Gusenbauer nur bedingt positiv auffallen. Seine Personalpolitik, insbesondere bei der Besetzung des 'Zentralsekretariats', ist auch innerhalb der von ihm geführten Partei nicht unumstritten." In der Kanzler-Biographie wurde unter anderem auch der Satz "dennoch ist Gusenbauer in der Partei umstritten" geändert und erweitert in "dennoch war Gusenbauer in den Medien und angeblich auch in seiner Partei umstritten" und um einen Hinweis auf gewonnene Wahlen in der Steiermark und im Burgenland ergänzt.

"Nicht die oberste Zensurbehörde"

Gegenüber dem WebStandard wollte Peter Slawik von der SPÖ-Pressestelle die Änderungen nicht näher kommentieren. Er betonte aber, dass die SPÖ "sicher nicht die oberste Zensurbehörde" des Landes sei und man keine "Flamewars" mit der Wikipedia-Community führen wolle. Auch wenn der aktuelle Beitrag über den Bundeskanzler "verkürzt" und "kritisch" sei.

Nicht nur die SPÖ veränderte Einträge, auch Mitarbeiter des konservativen australischen Premierminsiters John Howard sollen, wie DER STANDARD berichtete, tiefgreifende Änderungen an Wikipedia-Beiträgen vorgenommen haben.

Nachschlagewerk für Millionen Internetnutzer

Wikipedia ist für Millionen Internetnutzer ein unverzichtbares Nachschlagewerk geworden. Jeder User kann daran mitarbeiten, was nicht nur im Falle von Organisationen zu Problemen führen kann, denn nicht alle Wikipedia-Zuarbeiter fühlen sich der Wahrheit verpflichtet - der WebStandard berichtete.

IP-Adresse hinterlässt Spuren

Die technische Umsetzung des Wikiscanners ist nicht besonders kompliziert. In der Online-Enzyklopädie können sämtliche Änderungen zurückverfolgt werden - inklusive der IP-Adresse des Bearbeiters, die Computern oder Computernetzen eindeutig zuordenbar ist. Der Wikiscanner gleicht diese Daten mit den Lexikon-Einträgen ab und wirft aus, wer welche Artikel bearbeitet hat.

Deutschsprachiger Wikiscanner

Seit einigen Tagen kann nun auch die deutschsprachige Version von Wikipedia mit Hilfe des Wikiscanners überprüft werden. Das Team der deutschsprachigen Wikipedia begrüßt den Scanner und hat bereits eine Seite zum Sammeln "bemerkenswerter Beiträge" eingerichtet.(Markus Sulzbacher)