Derzeit braut Mike Banks noch in der Richbrau Brewing Company.

Normalerweise will ich gerne wissen, wer für mein Bier verantwortlich ist. Bei der Zwettler Brauerei ist es Heinz Wasner, bei der Göser Andreas Werner, bei Ayinger ist es Hans-Jürgen Iwan und bei Schneider in Kelheim Hans-Peter Drexler. Nicht, dass ich die anderen – in der Hierarchie oder der Eigentümerstruktur der Brauerei oft höher angesiedelten – Gesprächspartner nicht zu schätzen wüsste, im Gegenteil: Ich habe vor jedem hohen Respekt, der etwas mit dem Biergeschäft zu tun hat.

Aber die Brauer, die mit ihrer Hände Arbeit (okay, okay, ich weiß, man könnte vielfach prosaischer schreiben: mit ihrer Computersteuerung) das Bier brauen, das ich trinke, sind mir halt besonders wichtig. Vielfach ist es ihre Persönlichkeit, die dem Bier seinen Charakter gibt. Deswegen ist beim "Bier der Woche" auf derStandard.at auch immer der Name des Bierbrauers angebgeben, der für den Brauprozess verantwortlich zeichnet.

Wobei die Spielräume in verschiedenen Brauereien durchaus unterschiedlich sein können. Da gibt es Häuser, in denen ein Standardbier gebraut wird – in gleichbleibender Qualität, aber mit der einzigen Herausforderung an den Braumeister, diese Qualität auch gleich zu erhalten. Und dann gibt es andere, die das Experimentieren quasi zum Programm gemacht haben: In den USA ist es nicht ungewöhnlich, dass kleine Brauereien ein-, zweimal im Monat einen Sondersud mit einer weit ab vom Mainstream liegenden Biersorte einbrauen.

Da sind Braumeister mit Erfahrung gefragt. Und nicht nur ein einziger: Denn die spannendsten Ergebnisse gibt es dann, wenn ein Braumeister seine Erfahrungen in eine andere Brauerei mitbringt.

Daher macht es Sinn, was mir Mike Banks, Braumeister in der kleinen „Richbrau Brewing Company“ in Richmond, Virginia geschrieben hat: Wie gut es doch wäre, wenn Brauereien ihren Brauern Austauschprogramme anbieten würden: So würden sich Erfahrungen, wohl auch Rezepte und sogar Hefestämme, die sich in der einen Brauerei bewährt haben, für ein besonderes Bier einer anderen Brauerei heranziehen lassen. Und der Ausbildungsstand der Brauer würde sich generell verbessern. Schließlich hatte gerade die Brauerzunft früher sehr gute Erfahrungen mit dem „Wandern“ von Gesellen von einer Brauerei zur anderen gemacht – ein Brauch, der weitgehend abgekommen ist.

Dabei wäre es heute leichter zu organisieren als früher und vor allem über viel weitere Distanzen als das zur Zeit der Zünfte üblich gewesen ist – das Internet ermöglicht eine noch vor ein, zwei Jahrzehnten undenkbare Vernetzung und das Reisen selbst ist auch wesentlich komfortabler geworden als es seinerzeit zu Fuß war, als die Brauer noch mit ihrem alten Spruch „Gott gebe Glück und Segen herein, schönen Gruß vom letzten Meister und Gesellen“ in den Schalander eingewandert sind.

An Gottes Segen glaubt ja ohnehin kaum noch jemand und das Glück gehört den Tüchtigen. Einige haben es inzwischen entdeckt, wenn auch in sehr kleinem Maßstab: Da gibt es beispielsweise die kleine „Bierwerkstatt“ in Weitra, wo alljährlich ein ausländischer Braumeister eingeladen wird, sich mit einem 100-Hektoliter-Sud „seines“ Lieblingsbieres zu verwirklichen.

Ich bin gespannt, was Mike Banks für Erfahrungen macht – ob und wo er drei Monate in Europa brauen wird. Er hat mir auch geschrieben, dass ein europäischer Gastbrauer in Richmond wohl für Schlagzeilen gut wäre (wahrscheinlich weit über Virginia hinaus). Und wenn eine heimische Brauerei sich im Rahmen eines solchen Partnertausch-Programms für ein Vierteljahr einen Amerikaner an den Sudkessel zu holen wagte, würde das auch hierzulande Aufsehen erregen. Und ich bin überzeugt: Die Biertrinker wären gespannt, sein Bier zu kosten. (Conrad Seidl)