Ursula Plassnik: "Norbert Darabos hat dafür begeisterte Kommentare in Moskau ausgelöst."

Foto: Matthias Cremer

Außenministerin Ursula Plassnik reagiert zurückhaltend in der Raketenschild-Debatte. Sie warnt vor einer Blockade der UNO in der Kosovofrage, die EU-Reform indes sei so gut wie beschlossen. Von Christoph Prantner.

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STANDARD: Stichwort Raketenabwehrschild. Haben Sie Prag und Washington nach den Debatten der vergangenen Tage schon beruhigen können?

Plassnik: Ich habe niemanden zu beruhigen.

STANDARD: Die USA haben relativ scharf auf die Aussagen von Verteidigungsminister Darabos reagiert und erklärt, diese wären "nicht hilfreich". Was ist Ihre Meinung?

Plassnik: Norbert Darabos hat dafür begeisterte Kommentare in Moskau ausgelöst. Von den Reaktionen abgesehen: Ich habe über dieses Thema schon vor Monaten in der Bundesregierung gesprochen. Ich habe auf die verschiedenen Aspekte dieses Themas hingewiesen und es bei meinen EU-Kollegen schon im März zur Sprache gebracht. Nicht zur Begeisterung aller. Das ist eine Frage, die die europäischen Sicherheitsinteressen betrifft.

Ich habe darum meine tschechischen und polnischen Kollegen ersucht, uns informiert zu halten. Aber eines ist auch klar, es handelt sich um ein Problem, das zwischen Partnern in der Nato stattfindet und das auf der Ebene Nato-Russland und bilateral zwischen Washington und Moskau behandelt werden sollte. Das geschieht in der Zwischenzeit auch.

STANDARD: Wer sich diese Debatte ansieht und auch die Haltung der SPÖ zum Kosovo, hat den Eindruck, dass es substantielle Auffassungsunterschiede gibt. Damit wird im einzigen Bereich des Regierungsübereinkommens gestritten, in dem bisher noch Friede war.

Plassnik: Mein Interesse ist, dass diese Bundesregierung gut für Österreich arbeitet. Wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, die diskutiert werden sollen, bin ich dazu bereit. Ich berichte laufend über die Außenpolitik im Ministerrat. Ich unterhalte mich mit dem Bundeskanzler und dem Bundespräsidenten darüber und werde an dieser Praxis festhalten.

STANDARD: Wie erklären Sie sich die russlandfreundliche Haltung der SPÖ?

Plassnik: Ich würde Sie bitten, dazu die SPÖ zu befragen. Ich bin nicht der Interpret und das Sprachrohr der SPÖ. Ich bin Außenminister der Republik Österreich und formuliere die Linie in diesen Themen. Wir sollten großes Interesse daran haben, es gemeinsam und umsichtig zu tun.

STANDARD: Zum Kosovostatus, wie schätzen Sie die Situation ein? Wird das Problem bis Jahresende gelöst?

Plassnik: Wir brauchen eine Lösung. Es gibt jetzt eine letzte Verhandlungsphase. Der 10. Dezember ist der Stichtag. Ich appelliere an beide Seiten diese Zeitspanne wirklich konstruktiv zu nützen.

STANDARD: Sie gehen von einer Lösung außerhalb des UN-Sicherheitsrates aus ...

Plassnik: Das tue ich nicht. Natürlich wäre eine einvernehmliche Lösung die Beste. Ich warne lediglich davor, eine Blockadepolitik im Sicherheitsrat zu betreiben. Das fördert automatisch Bestrebungen, zu einer Lösung außerhalb zu kommen.

STANDARD: Sehen Sie Bewegung auf der russischen Seite in den vergangenen Wochen?

Plassnik: Ich habe keine direkten Gespräche geführt und keine Hinweise auf Bewegungsmöglichkeiten. Russland hat Interesse daran, dass der Sicherheitsrat seine Verantwortung übernimmt. Ich hoffe, dass Russland seine Interessen in einem breiteren Zusammenhang sieht.

STANDARD: Stichwort EU-Reform. Kann die Regierungskonferenz dem polnischen Wahlkampf zum Opfer fallen? Plassnik: Es hat noch nie ein so präzises Mandat für eine Regierungskonferenz gegeben. Damit können wir auf der technisch-juristischen Ebene gut arbeiten. Diese Tatsache wird auch von unseren polnischen Freunden nicht in Zweifel gezogen. STANDARD: Sie gehen davon aus, dass es bis Jahresende eine Reformvertrag geben wird?

Plassnik: Ja, davon gehe ich aus. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2007)