
Moderne Kunst? Termitenbau? Wotruba-Kirche zum Wohnen? Die Assoziationen zu Rüdiger Lainers neuem Terrassenhaus-Wohnbau in Wien-Favoriten sind sehr verschieden, denn es scheint, als hätte er mit sämtlichen optischen Regeln der Architektur gebrochen…

"Es ist eigentlich ganz einfach, wir wollen den Bewohnern möglichst viel Licht und Luft geben, und deshalb 'dreht' sich das Gebäude auch praktisch mit der Sonne mit", erklärt Lainer die Idee hinter der eigenwilligen Form der drei Baukörper.

Süd-westliche Ansicht vom Hofer-Parkplatz: Theoretisch könnte der Wohnkomplex hier "weiterwachsen" und so flächenmäßig verdoppelt werden.

Das wohl auffälligste Merkmal des Projektes sind dutzende, weit überhängende Balkone. Sie wurden vorproduziert, und als Ganzes in das Gebäude eingehängt.

Genau genommen hat jede Wohnung einen Balkon oder eine Loggia, im Fertigen Zustand werden diese aber noch verglast sein, so dass der Raum auch im Winter benutzt werden kann.

"Wir haben versucht, die Gebäudeseiten nach außen dem Umfeld anzugleichen. Erst im Inneren des Komplexes steigert sich die Höhe auf bis zu zehn Stockwerke", so Rüdiger Lainer. Hier die Fassade in Richtung Osten, links ist die Einfahrt in die Parkgarage zu sehen.

Aus nahezu der Hälfte aller 250 Wohnungen blickt man in den Innenhof, in dem ein kleiner Park mit Grünflächen und einem Brunnen geplant ist.

Verschiedene Durchgänge sowie ein Farbkonzept von Oskar Putz sollen weiters für ein neuartiges, für Wien ungewöhnliches mediterranes Lebensgefühl wie in einer italienischen Kleinstadt sorgen.

Interessant auch die eigene Interpretation des Architekten über sein Projekt: "Ich sehe die drei Gebäude wie Elefanten in der Savanne – und das inmitten der Gemeindebauten in Favoriten!"

Und tatsächlich hat man am Dach des Gebäudes fast das Gefühl, auf einer Art "architektonischem Elefanten" zu stehen, der langsam und behäbig Richtung Stadtzentrum stapft. Von weitem betrachtet, wird sich das Gebäude jedenfalls sehr von seinem Umfeld unterscheiden…

Apropos Umfeld: Der Blick vom Dach zeigt neben den Türmen vom Wienerberg auch den neu errichteten GPA-Tower. Ein weiterer unmittelbarer "Nachbar" ist die in den 70er-Jahren von Harry Glück erbaute Terrassensiedlung Inzersdorferstraße. "Ich schätze Glück sehr, wir haben einige seiner Ideen auch in unser Projekt einfließen lassen, z.B. die Idee der Schrankräume".

Wie das Gebäude dann im fertigen Zustand aussehen wird, kann man in
etwa einem Jahr sehen. Rüdiger Lainer hat damit jedenfalls schon jetzt ein
deutliches Signal für mehr Experimente und Mut zu neuer Formensprache in der
Wiener Architektur gesetzt.
Fotografiert von Michael Hierner, Architektur-Pressefotografie, hierner.info