Nach Leserbriefen und Internet-Postings haben die Parteien eine weitere Spielwiese entdeckt: Funktionäre von SPÖ und ÖVP sind offenbar bereits seit Jahren im Internet-Lexikon "Wikipedia " unterwegs, um dort jene Einträge, die die eigene Partei betreffen, zu schönen und die Konkurrenz entsprechend schlecht aussehen zu lassen - der WebStandard berichtete.

Wikipedia-Scanner

Enthüllt wurden die Manipulationen mit Hilfe eines vom amerikanischen Informatikstudenten Virgil Griffith entwickelten Recherche-Werkzeugs, dem "Wikipedia-Scanner".

So wurden von Servern der SPÖ aus kritische Passagen aus dem Porträt von Parteichef Alfred Gusenbauer gestrichen. Auch wurden Porträts roter Politiker - etwa von Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter oder Bildungssprecher Josef Broukal - und bereits verstorbener Parteigranden - von Otto Bauer bis Bruno Kreisky bearbeitet. Und noch im März 2007 fühlte man sich bemüßigt, via Wikipedia klarzustellen, dass die Abschaffung der Studiengebühren nur "Aufgrund des Widerstandes der zweiten Regierungspartei, der ÖVP" gescheitert war.

Links gelöscht

Doch auch die ÖVP nutzt das Internet-Lexikon bereits seit längerem für ihre Zwecke. Am Beispiel des Präsidentschaftswahlkampfes 2004: Als damals im Wikipedia-Porträt der VP-Kandidatin Benita Ferrero-Waldner Links zu kritischen und satirischen Homepages auftauchten, wurden diese kurzerhand gelöscht - und zwar von einer auf die VP-Tochterfirma Alpha Medien Service registrierten Adresse aus. Die selbe - zur ÖVP zählenden - Internet-Adresse fügte dann dem Wikipedia-Eintrag des SP-Kandidaten Heinz Fischer einen Hinweis auf eine Homepage hinzu, die den Ferrero-Waldner-Konkurrenten als "Roten Heinzi" persiflierte.

"Literaturtipps"

Besonders häufig bearbeitet wurde von dieser Adresse aus auch der Wikipedia-Eintrag über die ÖVP selbst - zuletzt im November 2006. Themen: "Die Ära Schüssel Koalition mit der FP", "Die Renaissance der VP unter Alois Mock" und "Literaturtipps" von Autoren wie Andreas Khol, Reinhold Lopatka und Wolfgang Schüssel.

Aber auch über die politische Konkurrenz hat die ÖVP im Internet-Lexikon einiges zu sagen. Etwa über die Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou: "Ihr als 'zu links' kritisierter Kurs führte zu Parteiaustritten - etwa von Gemeinderat Günther Kenesei, der zur ÖVP wechselte", heißt es etwa in einer am 6. Juli 2006 eingefügten Passage. Oder über den steirischen Landeshauptmann Franz Voves: "Er hat alle wesentlichen Positionen in der Landesverwaltung und landesnahen Betrieben mit SPÖ-Mitgliedern besetzt." Hier funktionierte allerdings die Selbstreinigungskraft der Wikipedia-Community: Beide Passagen wurden mittlerweile von anderen Usern gelöscht.(APA)