Donezk/Salzburg – Rinat Achmetow steht vor dem Stadion, drei Leibwächter rund um ihn, einer nach dem anderen liefern die Notablen, die Familien der Spieler und Geschäftspartner ihre Gratulationen ab. "Ein Traum", hat er vor ein paar Minuten in die ukrainischen Mikrofone gesagt. Jetzt ist der Oligarch nicht nur der Herr hier in Donezk, jetzt schwappt ihm auch die Liebe der Landsleute entgegen. Gegen den Nachthimmel zeichnet sich die zerklüftete Silhouette des neuen Stadions ab, sogar jetzt, eine halbe Stunde nach dem 3:1-Sieg von Schachtjor über RB Salzburg und dem Aufstieg in die UCL-Gruppenphase, schwenken dort die Kräne über die Baustelle. Achmetow kann es kaum erwarten, in das neue Haus einzuziehen.

Im ersten Stock der alten Hütte erzählt zur gleichen Zeit Giovanni Trapattoni vom Spiel. "Sie waren heute schneller", sagt er über die gegnerischen Spieler, und damit ist im Prinzip alles erklärt. Im Unterschied zu den mitgereisten Fans, Analysten, Funktionären und dem Klubpersonal jammert er nicht über den mindestens als "hart" zu bezeichnenden Elfmeter, den Castillo zum 2:1 nutzte. Natürlich hat der Anti-Schweiger Trapattoni dem Schiedsrichter Duhamel seine Meinung gesagt, natürlich kann man es als "hart" betrachten, dass eine Regelauslegung der persönlicheren Art für einen Schubser von Remo Meyer den letzten Akt einläutete, den dann Brandao fulminant abschloss. Nach einem durch Salzburgs Fehler in der Vorwärtsbewegung ermöglichten Konter.

An dieser Aktion kann man auch symbolhaft ablesen, was Salzburg trotz allem Einsatz von Kapitalmitteln, zugekauftem Know-how und Marketingprofessionalität zur Eintrittsberechtigung in Europas erste und zweite Klasse fehlt: Klasse, Tempo, Erfahrung, Kreativität. Also praktisch alles. Auch wenn es auf Kleinigkeiten wie den Elfmeter ankam, auch wenn Salzburg in Donezk das erste Tor des Spiels erzielte und 20 Minuten vor Ende wie der Aufsteiger wirkte. Donezk wirkte ratlos, trotz seines quicken Mittelfeldes, trotz der Räume an den Seiten, die Meyer-Vonlanthen und Steinhöfer-Leitgeb nicht beherrschten. Auch wenn die Mannschaft laut Trapattonis nachvollziehbarem Urteil um "20 Prozent besser" ist als im vergangenen Jahr, als sie auch schon genau an dieser Schwelle und gegen Valencia stolperte. Er hatte "nur mehr einen Stürmer und einen Halbstürmer", sagte Trapattoni, solcherart die Hilflosigkeit angesichts seines überforderten Mittelfelds entschuldigend.

Alter Jammer

Das ist der Jammer, seit drei Jahren investiert Red Bull in das Team, und noch immer arbeitet kein europataugliches Mittelfeld hier. Dietrich Mateschitz will angeblich reagieren und zunächst einmal Sportdirektor Oliver Kreuzer durch Thomas Linke ersetzen, der zu den Bayern-Amateuren abgeschoben wurde.

Donezk, das siebenmal so viel investiert hat, spielt wie seit drei Jahren wieder in der Champions League, aber der Klub hat auch nicht wie Salzburg in Zickler einen alternden Ex-Star, sondern lebendige Angreifer zur Verfügung.

Donezk hat einen ungeheuren Modernisierungsprozess geschafft. Schachtjor ist nur das bekannteste Symbol dafür. Achmetow hat das alte Stadion als Zwischenbleibe herausgeputzt, daneben baut der Kohle-Oligarch (dem es also ums Geld und nur ums Geld geht) ein riesiges neues. Neben UdSSR-Ruinen funkeln brandneue Megastores. Uralte Linienbusse lassen fette Abgase fahren, in nagelneuen Mercedes-Cabrios transportieren blonde Mütter blonde Töchter zum Tennis. Trapattonis und Salzburgs wie eine Matrjoschka in sich selbst gestapelte Fußball-Märchenwelt passt hierher, eine bunte Insel unter bunten Inseln, aber das ist sie in Österreich ebenfalls.

Deshalb dringt der Misserfolg auch (noch) nicht an ihren Kern, sie darf sich nur nicht auseinandernehmen lassen. (Johann Skocek - DER STANDARD PRINTAUSGABE 31.8. 2007)