Die "Kronen Zeitung" hinwiederum war vom Kannibalen-Mord mitten in Wien derart erschüttert, dass sie sich in Ansätze einer fast schon überkorrekten Berichterstattung verirrte, an der der Österreichische Presserat seine reinste Freude gehabt hätte, hätte sie ihm nicht längst zu einem traurigen Ende mitverholfen. Neben ein Foto stellte sie den Text: Dieser junge Deutsche soll seinen Mitbewohner ermordet und teilweise verspeist haben. Dienstagfrüh wurde der 19-jährige Robert Ackermann - für ihn gilt die Unschuldsvermutung - von der Polizei in einem Wohnhaus im 15. Wiener Gemeindebezirk verhaftet. Sein Mund war noch mit Blut verschmiert ...
Unter der Wucht solcher Indizien ohne Weiteres die Unschuldsvermutung gelten zu lassen, gibt Anlass zu den schönsten Hoffnungen auf saubere Berichterstattung, wenn demnächst mitten in Wien nicht ein junger Deutscher, sondern eventuell ein junger Afrikaner in eine kleine Schlägerei verwickelt ist. Am nächsten Tag hatte sich übrigens die Unschuldsvermutung unter dem Druck nachbarlicher Aussagen im Horror-Haus in Luft aufgelöst: Der Kannibale heulte nachts wie ein Tier, las man da - neben demselben Foto.
Kannibalismus anderer Art feiert, fern jeglicher Unschuldsvermutung, unter den Freiheitlichen fröhliche Urständ. "News" ist die grausige Meldung zu entnehmen, der prominente Ex-Blaue Stadler, an dem schon Ex-FPÖ-Chefin Susanne Riess-Passer und Jörg Haider gescheitert waren, filetiert nun Strache nach allen Regeln der Kunst, wie Strache selbst im kleinen Kreis völlig entnervt berichtet.
In einem etwas größeren Kreis lässt der Filetierte freilich anderes berichten. So weiß die "Neue Freie Zeitung" seiner Partei zu enthüllen: Die linke Jagdgesellschaft reitet wieder, und unter dieser Gesellschaft hat sie niemand anderen ausgemacht als Das Schaf im Wolfspelz, vulgo Wolfgang Fellner, ein Zeitungsherausgeber ohne Format. Diese Einschätzung hat ihren Grund - in einer Klage, die H.-C. Strache vielleicht besser unterlassen hätte. Mit einer unappetitlichen Kampagne, die ihresgleichen sucht, gegen Bundesparteiobmann HC Strache versucht die Fellner-Postille "Österreich" auf dem Tageszeitungsmarkt Fuß zu fassen, holpert es daher. Strache wird seit Jänner mit einer "braunen Soße" angeschüttet, die das Blatt unablässig aus den sattsam bekannten Jugendfotos herauszupressen versucht. Kurz: Weil es mit der Auflage nicht nach Wunsch läuft, inszeniert Fellners "Österreich" eine Neonazi-Kampagne gegen FPÖ-Parteichef HC Strache.
Dieser Einschätzung könnte die verzweifelte Selbstüberschätzung eines einst in Neonazi-Kreisen geschätzten Paintball-Spielers zugrunde liegen. Wäre Strache der Auflagenbringer, für den er sich ausgibt, um von seinem Filetierer abzulenken, fände er sich auch in anderen Blättern öfter auf Seite 1.
Interessant: Das andere FPÖ-Blatt, Andreas Mölzers "Zur Zeit", weiß Gegenteiliges zu berichten. Die Freiheitliche Partei unter der Führung von Heinz-Christian Strache befindet sich gegenwärtig in der medialen Schweige-Spirale. Abgesehen von einigen Pflichtinterviews und diversen Sommergesprächen, bei denen alle politischen Kräfte gleichermaßen zu Wort kommen, wird in den österreichischen Medien schlicht und einfach nicht über sie berichtet. Die einzige Ausnahme bildet - jetzt nicht glauben: "Österreich" und sein Hyänenjournalismus, nein - die größte Tageszeitung des Landes, deren Herausgeber, der Doyen der österreichischen Medienmacher, auch diesbezüglich offenbar gegen den medialen Mainstream schwimmt und die blauen Wortführer immer wieder zu Wort kommen läßt. Der also nicht so ein Schaf im Wolfspelz ist, wie Fellner, sondern sich Andreas Mölzer als Kolumnisten hält.
Nun mag die "Kronenzeitung" locker alle anderen Medien des Landes aufwiegen, trotzdem ist die wohl kaum zufällige Ausgrenzung aus dem politisch-medialen Dialog im Lande ein Faktum, mit dem die aufstrebende Strache-FPÖ zurechtkommen muß. Der Grund dafür liegt auf der Hand, kurz gesagt: Jene 15 Prozent, die Strache in Wien bei der vergangenen Landtagswahl einfuhr und jene 11 Prozent, die er bei der Nationalratswahl erreichte, waren schon ein Schock. Nun will man offenbar ein weiteres Anwachsen verhindern.