Meinl European Land - im Bild Namensgeber Julius Meinl: weniger von Jerseys Schönheit als vielmehr vom liberalen Wertpapier-recht der Kanalinsel angetan.

F.: Jersey Tourism, A. Urban; Collage: L. Friesenbichler
Wien - "Partly Paid Shares" (PPS) sind bei Meinl-Emissionen nicht unüblich. Auch der im Juli an die Wiener Börse gebrachte Kraftwerksfinanzier, Meinl International Power (MIP) hat solche "nicht voll einbezahlten" Wertpapiere ausgegeben.

Anders als beim Immobilienfinanzierer Meinl European Land (MEL) sind die 20 Millionen PPS der MIP jedoch erst bei Volleinzahlung stimmberechtigt, sagt Nadine Gilles, Investor-Relations-Chefin der MEL. Für die 150 Millionen Stück der MEL mussten bisher lediglich ein Cent pro Stück einbezahlt werden. Ab 2009 müssen die PPS-Besitzer damit rechnen, dass sie den restlichen Betrag zahlen müssen. Sicher ist den "europäischen institutionellen Investoren", in deren Eigentum sich die Aktien laut MEL befinden, jedoch ein volles Stimmrecht - obwohl sie dafür nur 1,5 Mio. Euro bezahlt haben.

Sorgen

Experten sind über diesen Umgang mit Stimmrechten besorgt: Das Faktum, dass jemand so gewichtige Stimmrechte an sich ziehen kann, ohne dabei viel Geld in die Hand nehmen zu müssen, sorgt für Unverständnis.

Geheim ausgegeben, wie geargwöhnt wurde, wurden diese Wertpapiere aber nicht. Im Februar 2006 gab es dazu wohl eine ad-hoc-Meldung von MEL an die Börse. Auf der MEL-Homepage erfährt man darüber allerdings nichts.

Dafür erfährt man dort etwas "über die Eignung" der MEL-Aktie "zur Mündelgeldveranlagung". In einem 47 Seiten umfassenden Gutachten, führt Universitätsprofessor Philip Göth aus, dass die Entwicklung der MEL-Papiere wohl Risiken in sich berge, sie insgesamt aber "zur Veranlagung von Mündelgeld geeignet sind, sofern die Veranlagung im Rahmen eines sinnvollen Portfoliomix erfolgt". Eine Beimischung betrachtet der gerichtlich zertifizierte Sachverständige Göth, "vor allem in Zeiten niedriger Zinsen als sinnvoll und auch zulässig".

Ungeachtet der Kursverluste von MEL in den vergangenen Wochen bleibt für Anleger in Österreich, dass es für die PPS keinerlei gesetzliche Regelungen gibt. Diese Wertpapiere unterliegen dem Recht von Jersey, dem Sitz der MEL.

"Bringschuld"

"Wir wissen, dass wir bei PPS eine Informationsbringschuld haben", so Staller zum STANDARD. Die PPS verwässern die Anteile der bisherigen Aktionäre nicht. Von MEL gab es am Freitag übrigens auch gute Nachrichten: Sie errichtet in Russland um 60 Mio. Euro ein neues Einkaufszentrum.

Während die österreichische Finanzmarktaufsicht die MEL-Aktionen prüft, wartet die Jersey-Aufsicht noch auf Meldungen der MEL-Organe. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer will die rechtliche Konstruktion von MEL prüfen lassen und allenfalls Gesetze ändern. Anlegerschützer Wilhelm Rasinger will jedenfalls, dass Börsenprospekte zwingend auf Deutsch formuliert werden, nicht nur auf Englisch. (bpf, ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1./2.9.2007)