London/Frankfurt - Die Anleger haben dem Reisekonzern TUI Travel bei seinem Debüt an der Londoner Börse einen kühlen Empfang bereitet. Am ersten Handelstag rutschten die Aktien des neuen Weltmarktführers bei Reisen bis zu fünf Prozent auf 286 Pence ab. Die Notiz an der Börse war der letzte formale Schritt zur Fusion der beiden Unternehmen.

Der aus der TUI-Reisesparte und dem Konkurrenten First Choice entstandene Konzern kommt auf eine Marktkapitalisierung von rund 3,25 Mrd. Pfund (4,81 Mrd. Euro). Damit ist der neue Reisegigant in etwa so groß wie der deutsche Mutterkonzern TUI, der 51 Prozent an der britischen Tochter hält. Die restlichen 49 Prozent gehören den bisherigen First-Choice-Aktionären.

TUI Travel sei gut gerüstet für eigenes Wachstum und Zukäufe, sagte der Chef der Gruppe, Peter Long. "Unsere Aktionäre werden nicht nur von Kostensenkungspotenzialen profitieren", versprach er. In den kommenden Monaten will der Konzern sämtliche Geschäftssparten auf den Prüfstand stellen und seine Firmenstrategie weiterentwickeln. Erste Resultate sollen im Januar 2008 vorliegen.

Freundlicher als an der Börse wurde TUI Travel von den Analysten von JP Morgan empfangen. Die Investmentbank nahm die Bewertung des Konzerns am Montag mit "overweight" und einem Kursziel von 400 Pence auf.

Der Konzern ist mit 18 Mrd. Euro Umsatz und 27 Mio. Urlaubern der mit Abstand größte Reiseanbieter. Der Touristikriese erwirtschaftet rechnerisch ein Betriebsergebnis von rund 500 Mio. Euro.

TUI-Konzernchef und oberster Aufsichtsrat bei TUI Travel, Michael Frenzel, will mit der Fusion den profitabelsten Reiseveranstalter der Welt schaffen. "Wir vereinigen einige der bekanntesten Touristikmarken mit hervorragender Managementkompetenz. TUI Travel wird die Zukunft der Tourismusbranche aktiv vorantreiben und gestalten", betonte er am Montag in London. TUI Travel-Vorstandschef Peter Long sieht für die Gruppe gute Wachstumschancen. "Unsere Aktionäre werden nicht nur von Kostensenkungspotenzialen profitieren. Wir sind auch gut aufgestellt, um ein starkes, organisches und durch Akquisition unterstütztes Wachstum zu erzielen", sagte er.

Sitz in London

Die neue Gesellschaft hat ihren Sitz in London und kommt auf einen Umsatz von rund 18 Mrd. Euro. Im Vorstand werden auch hochrangige deutsche Manager vertreten sein, wie TUI Deutschland-Chef Volker Böttcher und als Verantwortlicher fürs Fluggeschäft Christoph Müller, der dafür seinen Sitz im Konzernvorstand in Hannover aufgab. Peter Long wird dort neues Mitglied.

Der Reiseriese wird nach früheren Unternehmensangaben weltweit rund 48.000 Beschäftigte, 101 Veranstaltermarken, mehr als 3.500 Reisebüros sowie sieben Fluggesellschaften mit mehr als 150 Flugzeugen haben. Die TUI-Führung in Hannover hatte im Frühjahr dieses Jahres die Großfusion der Touristiksparte eingefädelt, um die Ertragskraft zu stärken. Während der TUI-Konzern zuletzt mit Umsatz- und Gewinnrückgängen - vor allem in Großbritannien und Frankreich - zu kämpfen hatte, gilt First Choice als Ertragsperle.

TUI bringt in das neue Unternehmen seine gesamten touristischen Aktivitäten ein - mit Ausnahme der Hotelbeteiligungen und des geplanten Engagements im Kreuzfahrt-Massengeschäft gemeinsam mit der AIDA. Diese profitablen Sektoren will die TUI in eigener Regie ausbauen. Auch die TUI-Schifffahrtssparte Hapag-Lloyd ist von der Fusion nicht betroffen.

Mit dem Zusammenschluss folgt TUI dem europäischen Branchenzweiten Thomas Cook. Die Tochter des Handels- und Touristikkonzerns Arcandor (vormals KarstadtQuelle) hatte sich im Juni mit dem britischen Reiseveranstalter MyTravel zusammengeschlossen. Auch hier verblieb die knappe Aktienmehrheit (52 Prozent) bei der deutschen Konzernmutter. Die neue Thomas Cook Group Plc hat ebenfalls ihren Sitz in London und ist an der dortigen Börse notiert. Sie kommt auf einen Jahresumsatz von rund 12 Mrd. Euro. (APA/Reuters/dpa)