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Eni-Chef Paolo Scaroni will diese Woche nach Kasachstan reisen.

Foto: Reuters/La Monaca
Der italienische Energiekonzern Eni (Ente Nazionale Idrocarburi) steht in Kasachstan unter Druck. Die kasachische Regierung hat beschlossen, dem italienischen Erdölmulti vorerst für drei Monate die Fördergenehmigung für das Erdölfeld von Kaschagan zu entziehen. Als Grund werden systematische Verletzungen der Umweltaufgaben genannt. Eni-Chef Paolo Scaroni will diese Woche nach Kasachstan reisen, um eine Kompromisslösung zu finden.

Bei Eni werden Zweifel laut, ob es der ehemaligen Sowjetrepublik tatsächlich um die Umwelt geht. Denn bislang ist Astana kaum als Förderer des Umweltschutzes in Erscheinung getreten. Vielmehr könnten die Umweltgründe nur ein Alibi dafür sein, dass Kasachstan seine Beteiligung beim Ölfeld Kaschagan im nördlichen Kaspischen Meer erhöhen kann.

Umweltgründe vorgeschoben

Laut Nachrichtenagentur Interfax peilt Regierungschef Nursultan Nasarbajew eine Beteiligungsaufstockung von derzeit 8,3 Prozent auf bis zu 40 Prozent an. Schließlich hat Russlands Präsident Wladimir Putin vorgemacht, wie das möglich ist. Sein Land schob ebenfalls Umweltgründe vor, um Shell das Nutzungsrecht für das Ölfeld Sachalin 2 zu entziehen und es Gasprom zu übertragen. Danach waren die Umweltprobleme plötzlich gelöst.

Auch infolge technischer Probleme hat sich der Produktionsbeginn im Ölfeld Kaschagan immer weiter verzögert. Die Produktion soll statt Ende 2008 nun im 3. Quartal 2010 starten. Die Projektkosten haben sich inzwischen mehr als verdoppelt. An dem von Eni geführten Konsortium sind auch Total, ExxonMobil und Royal Dutch/Shell mit jeweils 18,5 Prozent beteiligt. Für Eni wäre eine vollständige Aufhebung der Nutzungsrechte ein beachtlicher Rückschlag. Denn die Eni-Tochter Agip KCO vermutet, in Kaschagan bis zu 13 Mrd. Barrel Öl fördern zu können. Es handelt sich um das größte Ölvorkommen, das in den vergangenen 30 Jahren weltweit entdeckt wurde.

Stark unter Druck

Der Konzern stand zuletzt unter starken Druck. Im ersten Halbjahr war wegen der anhaltenden Bedrohung in Nigeria und der Zwangsenteignung des Ölfeldes Dación in Venezuela die Öl- und Gasproduktion rückläufig. Erstmals seit Jahren musste Eni einen empfindlichen Gewinnrückgang von elf Prozent auf 9,5 Mrd. Euro und einen Umsatzrückgang von 1,5 Prozent auf 41,7 Mrd. Euro hinnehmen. Kurzfristig sollen Aktivitäten im Golf von Mexiko, im Kongo und in Libyen den Rückgang auffangen. Längerfristig setzt Eni aber auf Kaschagan. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.9.2007)