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ÖGB-Rechtsanwältin Gerda Kostelka-Reimer: warm anziehen nach der (nicht rechtskräftigen) Schlappe im Schadenersatzverfahren gegen Ex-Bawag-Manager.

Foto: APA/Hans Klaus Techt
ÖGB-Anwältin Gerda Kostelka-Reimer verteidigt ihre Schadenersatzklage gegen die Ex-Bawag-Chefs, mit der sie vorerst abgeblitzt ist. Die Instanz werde das "nicht akzeptable" Urteil aufheben und den ÖGB vor dem Finanzdilemma bewahren.

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STANDARD: Der ÖGB hat in erster Instanz seine Schadenersatzklage gegen den Ex-Bawag-Vorstand und das Ex-Aufsichtsratspräsidium verloren. Sie sind als ÖGB-Anwältin dafür zuständig. Der Richter sagt, die Klage sei unschlüssig und unvollständig. Eine Schlappe?

Kostelka-Reimer: Ich bin schon lange im Geschäft, und jeder, der mich kennt, weiß, dass ich äußerst detailreich und penibel arbeite. Der Vorwurf, das Klagsbegehren sei unschlüssig, ist für mich völlig aus der Luft gegriffen, dieses Urteil ist für mich nicht akzeptabel. Wir haben ein 150-seitiges Vorbringen formuliert, aber der Richter beschäftigt sich nur auf einer halben Seite damit – so dürfte ein Urteil in Österreich nicht aussehen. Ich habe etliche Professoren beigezogen, ihnen Klage und Urteil geschickt – sie alle bestätigen unsere Schlüssigkeit. Dieses Urteil wird noch sehr viel diskutiert werden, in der Öffentlichkeit. Ich vertraue darauf, dass die Instanz das Urteil aufheben wird.

STANDARD: Der Richterspruch ist schon diskutiert worden. Er bringt den ÖGB in ein Dilemma: Beruft er, muss er 300.000 Euro Pauschalgebühren auf den Tisch legen, tut er's nicht, 1,2 Mio. Euro an Gerichtsgebühren und Anwaltskosten an Elsner und Co zahlen. ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer hat das Urteil als "emotionalen Tiefschlag" bezeichnet.

Kostelka-Reimer: Es ist für uns alle ein Tiefschlag und, abgesehen von unseren Gegnern, für niemanden nachvollziehbar, weil es unbegründet und unsachlich ist. Wir haben mit unser Klage ein komplexes Gebäude errichtet, der Richter hat manche Räume gar nicht betreten: 150 Seiten Vorbringen – und dann schaut das Urteil aus, als wären wir gar nicht vor Gericht gewesen.

STANDARD: Vielleicht zu komplex?

Kostelka-Reimer: Das möchte ich keinem österreichischen Gericht unterstellen.

STANDARD: Trotzdem steckt der ÖGB im finanziellen Dilemma.

Kostelka-Reimer: Die 300.000 Euro für die nächste Instanz treffen ihn wie ein Keulenschlag, das ist sicher ein Dilemma. Aber das endet, wenn die Instanz das Urteil aufhebt.

STANDARD: Kann es nicht sein, dass Sie einen Fehler gemacht haben?

Kostelka-Reimer: Nein, da hat ein Team von Juristen gearbeitet – und zwar hochprofessionell.

STANDARD: Warum hat der Richter dann so geurteilt?

Kostelka-Reimer: Ich werde mich hüten, zu spekulieren. Jedenfalls hätte er sich mit extrem vielen Rechtsmaterien beschäftigen müssen.

STANDARD: Sie empfehlen dem ÖGB sicher die Berufung?

Kostelka-Reimer: Ja, absolut und dringend – andere Experten tun das auch.

STANDARD: Sie vertreten den Privatbeteiligten ÖGB auch im Strafprozess. Es heißt, Ihr Mandat dort wackle jetzt.

Kostelka-Reimer: Ich glaube das nicht.

STANDARD: Am Donnerstag geht der Bawag-Prozess weiter. Ihr Eindruck? Wie geht er aus?

Kostelka-Reimer: Ein lupenreines Verfahren mit geballter juristischer Kompetenz. Der eine oder andere Beklagte ist noch nicht aus seinem Schützengraben heraus, aber wir wissen alle, was in der Bawag gespielt wurde. Man muss nur die Details nachweisen. Und: Warum sollten wir nicht davon ausgehen, dass alle verurteilt werden? Das Beweisverfahren ist augenöffnend, man hat manche Gesetze nicht einmal ignoriert. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 04.09.2007)