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Georg Gänswein, Assistent von Benedict XVI.

Foto: APA/epa/Danilo Schiavella
Sehr geehrter Pontifex! Wie man hört, kommt Ihr demnächst nach Österreich, und man hört es ziemlich laut. Der "Kleinen Zeitung" war erst am Wochenende zu entnehmen, dass es sich dabei um den Besuch eines Pilgers handelt, worunter ich mir - ohne Experte zu sein - immer eine eher stille Veranstaltung vorgestellt habe und nicht diesen Krach, der seit Wochen ad maiorem Papae gloriam selbst in heimischen Medien geschlagen wird, die ihr kaufmännisches Heil sonst eher in der Hingabe an diesseitige Angelegenheiten wie Verstöße gegen das Sakrament der Ehe oder extrem verpönten Fleischgenuss sehen.

Sonntag hat endlich auch "Österreich" Euren Brief an die Lieben Österreicher und Österreicherinnen veröffentlicht, mit dem Ihr, wie ich es auslege, durch Hinweise auf die wundervollen Landschaften Eurer Heimat, die große österreichische Kultur und die liebenswerten Menschen Eures Landes in den Adressaten jene leicht narkotisierende, also kalmierende Wirkung erzeugen wollt, die auch von rhetorischem Weihrauch ausgehen kann und hierzulande bisher nur noch vom Inselwitz mit den Seligen überboten werden konnte. Aber der ist ja schon alt.

Briefe nicht oder zu spät zu beantworten wäre unhöflich. So unterwinde ich mich dieser Arbeit im Weinberg des hl. Franz von Sales, bevor es Michael Jeannée in der "Kronen Zeitung" tut. Schließlich soll nichts den Glauben schwächen, der in Eurem Satz lebt: Wenn ich nach Österreich komme, werde ich der großen Kultur begegnen, die dort in Jahrhunderten gewachsen ist. Und der nicht zuletzt aus dem kolumnistischen Märtyrertum Nahrung erhält, dem sich der Kardinal von Wien wöchentlich in dem Blatt unterzieht.

Obwohl "Österreich" dieser Brief nicht exklusiv zugegangen war, schrieb das Blatt gleich in mehreren Zusammenhängen von einem Fieber. Das Papst-Fieber grassierte in dem Blatt auf Seite 6 - So regiert der Papst sein Reich -, ohne dass deutlich wurde, wer nun fiebert. Auf dem Cover fand sich zwar Der Papst in Österreich, und nur dort lieferte die Fieberkurve des Blattes mehr Information: Poker-Fieber startet neu - Mit dieser Karte spielen Sie gratis mit. Vor dem nächsten Besuch daher beachten: Der Herausgeber des Blattes wird leicht fiebrig, wenn er nicht exklusiv angeschrieben wird. Lautet das Motto Eurer Pilgerreise auch "Auf Christus schauen", können bei manchen Medien auch ein paar Seitenblicke nicht schaden.

Wie dieses Motto zu interpretieren sei, wollte der "Kurier" in einer Papst-Beilage wissen, worauf ihm Kardinal Schönborn, sicher in Eurem Sinn, beschied: Es bedeutet eine Konzentration auf das Wesentliche, beziehungsweise auf DEN WESENTLICHEN des Christentums. In diesem Sinne servierte endlich auch der "Kurier" in zwei Teilen die süßliche Story: Der schönste Mann im Vatikan, die weder viel mit Christus noch mit Euch zu tun hatte, sondern ausschließlich dem Monsignore Georg Gänswein galt. Niemand ist dem Papst so nah wie Georg Gänswein. Sie teilen eine Wohnung, sehen gemeinsam fern und sprechen über Gott, aber auch über die Welt.

Im Sinne besagten Mottos hätte manche Österreicherinnen und Österreicher vielleicht interessiert, was die beiden vor dem Fernsehapparat so über Gott sprechen - diesbezüglich ist auch der Agnostiker immer an Neuigkeiten interessiert -, aber wie schon andere Blätter vor ihm informiert der "Kurier" in seinem Glaubenseifer eher über die Welt: People-Magazine schwärmen vom "Sunnyboy in der Soutane". Sie seien, so die Schweizer "Weltwoche", "unbestritten der schönste Mann im Talar, der je im Vatikan zu sehen war".

Die rückwärtsgewandte Prophetengabe des Schweizer Blattes - immerhin gibt's den Vatikan länger als die Schweizer Garde - kann den Sunnyboy nicht aus der Rolle bringen. Es tut nicht weh und es schmeichelte mir zunächst auch, und es ist doch keine Sünde. Kirchenväter wären da vorsichtiger gewesen. Allerdings möchte er, dass man auch die Substanz unter der Schale zur Kenntnis nimmt. Was im "Kurier" mit der folgenden Frage geschieht: Bekommen Sie Liebesbriefe?

Die Gänswein-Story Teil 2 hielt das spirituelle Niveau, etwa mit Bekleidungsfragen wie: Wenn Sie abends Fernsehen - trägt der Papst dann Privatkleidung? Oder: Muss ein Papst Schuhe von Prada tragen? Die Antwort wird Humanic beruhigen: Muss? Überhaupt nicht! Woran man erkennt, dass der Monsignore den Titel, den ihm der "Kurier" verlieh, zu Recht trägt: Unbestechlicher Filter des Heiligen Vaters.

Glücklich, wer wie Ihr neben dem hl. Geist auch noch eines unbestechlichen Filters von solcher Schönheit gewiss sein kann! Wie sehr bedürfte das Land, in das Ihr demnächst kommt, eines solchen Gerätes ... was heißt eines? Vieler! Verlassen sich doch nicht wenige der von Euch Angeschriebenen auf einen weltlichen Geist, der nicht stets unbestechlich ist. Vom Mangel an hl. Geist nicht zu reden. So hieß es nüchtern in der "Presse" : Katholisches Österreich? Abschied von einem Mythos. Das sollte aber die Freude am Pilgern mit Gott und Gänswein nicht trüben. Schönen Aufenthalt! (DER STANDARD; Printausgabe, 4.9.2007)