Prag - Die tschechische Regierung plant massive Investitionen in die Region Brdy, südwestlich von Prag, wo eine umstrittene US-Radaranlage als Teil des geplanten Raketenabwehrsystems in Mitteleuropa errichtet werden soll. An dem Projekt sollen sich das Verteidigungs-, das Umwelt-, das Landwirtschafts- und das Ministerium für Regionen sowie die betroffenen Kreise West- und Mittelböhmen beteiligen. Es soll ein Volumen von Hunderten Millionen Kronen (100 Mio. Kronen = 3,61 Mio. Euro) betragen. Die meisten Gemeinden lehnen die Stationierung des US-Radars bisher ab.

Neue Straßen sollen in der Region gebaut werden, alte sollen erneuert werden. Außerdem rechne man mit dem Bau von Schulen und Kläranlagen, berichtete die Tageszeitung "Mlada fronta Dnes", die das Vorhaben einen "Kleinen Marshall-Plan" nannte.

Die Regierung wies Vorwürfe zurück, sie wolle sich mit den Investitionen die widerspenstigen Gemeinden, die das Radar bei lokalen Volksbefragungen abgelehnt haben, "kaufen". "Der Plan soll ungeachtet dessen realisiert werden, ob es das Radar dort schließlich geben oder nicht geben wird", versicherte Ministerpräsident Mirek Topolanek, dessen Regierungskoalition das Radar befürwortet.

Jene betroffenen Gemeinden, die kürzlich eine Liga der Bürgermeister gegen das Radar ins Leben gerufen haben, betonten, dass sie auch im Gegenzug für Investitionen mit der geplanten Anlage nicht einverstanden wären. "Unsere Region braucht schon längst Hilfe. Bisher hat sich niemand um sie gekümmert", meinte der Chef der Liga und Bürgermeister der Stadt Pribram.

In Brdy gibt es seit Jahrzehnten eine militärische Sperrzone. Für die Radaranlage wählten Experten einen Ort am Rand der Zone, etwa zwei Kilometer von der Gemeinde Misov entfernt, vorläufig aus. Die Gemeinden in Brdy fühlen sich wegen ihrer Nähe zu der Militärzone seit Jahren vernachlässigt. Um das Interesse an der Region zu demonstrieren, will das tschechische Kabinett am morgigen Mittwoch seine Sitzung nicht in Prag, sondern in der Region in einem Schloss in Spalene Porici abhalten. Dort soll auch das Investitionsprogramm für Brdy auf dem Programm stehen.

Unterdessen hat die Regierung eine PR-Agentur mit einer Kampagne pro US-Radars beauftragt. Dafür seien zwischen zwölf und 15 Millionen Kronen (zwischen 433.000 und 542.000 Euro) budgetiert, hieß es.

Die tschechische Regierung führt seit Mai bilaterale Verhandlungen mit den USA über die Errichtung des Radars. Eine weitere Gesprächsrunde findet am morgigen Mittwoch in Prag im Außenministerium statt. Die Dreier-Koalition aus Topolaneks konservativer Demokratischer Bürgerpartei (ODS), der Christdemokratischen Volkspartei (KDU-CSL) und den Grünen befürwortet das Radar. Laut Umfragen sind aber 65 Prozent der Tschechen mit dem Radar nicht einverstanden. Dagagen sind auch beide Oppositionsparteien, die Sozialdemokraten (CSSD) und die Kommunisten (KSCM), die eine landesweite Volksabstimmung dazu fordern, die aber nicht in Sicht ist. Das Schlusswort hinsichtlich der Radaranlage soll 2008 das Parlament haben. (APA)