... und ob Psychosen nicht auch übernatürliche Ursachen haben könnten. Homosexuelle und TherapeutInnen protestieren.

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Graz/Wien - Die Frage, ob Homosexualität eine psychische Störung ist, die man "heilen" kann, wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO seit 1992 eindeutig mit Nein beantwortet. Trotzdem drohe diese veraltete Ansicht zu neuen Weihen zu kommen, befürchtet die Psychoanalytikerin und Sexualtherapeutin Rotraud Perner mit einem Blick auf das Programm des interdisziplinären Kongresses "Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie" von 11. bis 13. Oktober in Graz.

Dort wird auf Einladung des Universitätsklinikums und unter dem Ehrenschutz von zum Beispiel Landeshauptmann Fritz Voves (SP) und Diözesanbischof Egon Kapellari der deutsche Diplomsozialarbeiter Markus Hoffmann einen Workshop gestalten. Hoffmann gehört der evangelisch-fundamentalistischen Gruppe "Wüstenstrom" an, die es als ihre Aufgabe sieht, Schwule und Lesben mittels "Beratungen" umzupolen: sie zu Heterosexuellen zu machen, wie es verschiedentlich etwa auch schon der Salzburger Weihbischof Andreas Laun befürwortet hat.

Laun wird beim Grazer Kongress einen Hauptvortrag halten. Überhaupt ist dort die Liste prominenter wissenschaftlicher wie religiöser Mitgestalter und Beiratsmitglieder lang: vom Gerichtspsychiater Reinhard Haller und dem Suchtexperten Michael Musalek über den Präsidenten der muslimischen Glaubengemeinschaft Anas Shakfeh zum evangelischen Bischof A.B. Herwig Sturm sowie Christoph Kardinal Schönborn.

"Ein derart hochkarätiger Hintergrund birgt die Gefahr, dass die Heilungsthese, die bei Betroffenen schon sehr viel Unheil angerichtet hat, in Österreich wieder ernsthaft diskutiert wird", kritisiert Wolfgang Wilhelm von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen. Die Homosexuelle Initiative (Hosi) Wien, die nach heftigen Protesten gegen den Soloauftritt von "Heiler" Hoffmann zusätzlich eingeladen worden war, zog ihre Zusage am Dienstag zurück: "Man hatte uns als Forum eine Podiusmdiskussion angeboten. Aber jetzt kommen wir im Programm als Hoffmanns Ko-Workshopleiter vor. Das machen wir nicht", meint dort Obfrau Ute Stutzig.

Teufelsaustreiber

Bei Perner löst aber auch die Einladung des Exorzisten Larry Hogan Verstörung aus. Der US-Amerikaner, der in der Wiener Erzdiözese tatsächlich die kirchenrechtlich vorgesehene Position eines Teufelsaustreibers innehat, wird mit dem Psychiater Andreas Masching einen Workshop zum Thema "Gibt es Besessenheit jenseits der Psychose?" halten: "Von einem interdisziplinären Kongress auf der Höhe der Zeit erwarte ich etwas anderes", sagt Perner. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe 05.09.2007)