Wenig Romantisches hat die evolutionäre Psychologie in Sachen Liebesverhalten zu bieten: Bei der Wahl der PartnerInnen geht es so heute nach wie vor so zu wie in der Steinzeit.
Foto: Der Standard
Bei der Partnerwahl achten Frauen pragmatisch auf materielle Sicherheit und Männer auf das Äußere. Das Küssen wiederum halten Männer für weniger wichtig als Frauen.

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Chicago/London - "Überhaupt hat der Fortschritt das an sich, dass er viel größer ausschaut, als er wirklich ist." Das weise Wort Nestroys trifft auch - man glaubt es kaum - auf unser Paarungsverhalten zu. Zumindest wenn man einer neuen Untersuchung US-amerikanischer ForscherInnen rund um den Psychologen Peter Todd von der Universität Bloomington in Indiana glaubt.

Zwar sieht das Werben heute anders aus, doch die Kriterien bei der PartnerInnenwahl sind nach Analysen einer Speed-Dating-Veranstaltung, bei der die TeilnehmerInnen in kurzer Zeit möglichst viele potenzielle PartnerInnen treffen, allem Anschein nach dieselben wie vor Tausenden von Jahren.

Wie die ForscherInnen im Fachjournal PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) resümieren, finden Frauen pragmatisch vor allem jene Männer attraktiv, die ihnen materielle Sicherheit bieten können. Männer hingegen seien stets auf der Suche nach der attraktivsten Frau, bei der sie landen können.

Die Frauen erwiesen sich dabei nicht nur als berechnender, sondern auch als bedeutend wählerischer als ihre männlichen Gegenüber. Während die Männer nämlich bereit waren, mit jeder zweiten Frau auch auszugehen, zeigten die Frauen nur bei jedem dritten Mann Interesse.

"Die Frauen haben sich selbst kritisch geprüft - die Männer nicht", fasste Todd zusammen, was Annahmen der Evolutionstheorie belege: Diese unterschiedlichen Auswahlkriterien erhöhen offenbar die Wahrscheinlichkeit, viele und gesunde Nachkommen zu zeugen.

Küssen vor dem Sex

Um dahin zu gelangen, spielt das Küssen eine nicht unwesentliche Rolle, das von Psychologen der State University of New York unter die wissenschaftliche Lupe genommen wurde (Evolutionary Psychology, Bd. 5, Nr. 3, S. 612). Die Ergebnisse ihre Befragung von 1041 Studierenden in Zahlen: Mehr als 80 Prozent der Frauen sahen Küssen als eine Voraussetzung für Sex an. Bei den Männern war es gerade einmal die Hälfte.

Immerhin 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie nach dem ersten Kuss das Interesse an der geküssten Person verloren. Für Gordon Gallup, Hauptautor der Studie, ist das damit zu erklären, dass beim Küssen unbewusste Informationen darüber ausgetauscht werden, ob die PartnerInnen genetisch zueinander passen. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe 05.09.2007)