Wien - Das börsenotierte Software-Unternehmen Brain Force hat seinen Firmengründer und Vorstandsvorsitzenden Helmut Fleischmann (48) mit sofortiger Wirkung vom Chefposten abberufen. Dem Schritt liegt ein Aufsichtsratsbeschluss am gestrigen Dienstag zugrunde. Sein interimistischer Nachfolger wird der Brainforce-Aufsichtsrat und ehemalige IBM Österreich-Generaldirektor Günter Pridt (56). Er soll die Geschäfte vorerst bis Ende des Jahres führen, teilte das Unternehmen in der Nacht auf Mittwoch mit.

Der Finanzvorstand der Holding, Wolfgang Lippert (46), werde weiterhin seine Funktion ausüben, hieß es. Die Brain Force-Aktie ist am Mittwoch um zwei Prozent auf 1,97 Euro gestiegen. Im vergangenen Monat war das Papier um fast 50 Prozent eingebrochen. Grund war vor allem eine überraschende Gewinnwarnung. Das in Wien und Frankfurt börsenotierte Software-Unternehmen hat daraufhin in der Vorwoche drastische Einschnitte angekündigt. 2008 will das Unternehmen wieder Gewinne schreiben.

Bilanzen werden überprüft

Brain Force prüft nach dem Abgang von Fleischmann nun offenbar die Bilanzen. Es habe einen "Zwiespalt" zwischen den veröffentlichten Quartalszahlen und "nachträglich gemachten Ergänzungen des Vorstandes" gegeben, sagte der Chef des Brain Force-Aktionärs Beko, Peter Kotauczek, am Mittwochnachmittag. Fleischmanns interimistischer Nachfolger Pridt werde nun "alle Zahlen prüfen" und sehen "ob noch Leichen im Keller liegen".

Die Entwicklung sei auch für ihn völlig überraschend gekommen. Nach den neuen Angaben des Vorstandes in der gestrigen Aufsichtsratssitzung sei der Aufsichtsrat gezwungen gewesen, "mitzutragen, was in den Quartalszahlen vorgetragen wurde, und dann auch mitzuhaften oder aus den Diskrepanzen die Konsequenzen zu ziehen". Nachdem Fleischmann "keine entsprechende Erklärung" dafür liefern habe können, habe sich der Aufsichtsrat "fast zwangsläufig für die Abberufung entscheiden müssen", sagte Kotauczek - und unter Anspielung auf den laufenden Bawag-Prozess: "Die Zeiten, in denen einen Aufsichtsrat im Nachhinein behauptet kann, er hätte nichts gewusst, sind in Österreich vorbei."

Unklar ist unterdessen noch, ob Fleischmann seine Abberufung akzeptieren werde. Als größter Einzelaktionär kann er jederzeit eine Hauptversammlung einberufen und dort seine Abberufung anfechten. Und vermutlich werde Fleischmann auch "die Gerichte bemühen", so Kotauczek.

Fleischmann selbst war am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Laut seiner Assistentin ist er derzeit auf Urlaub. (APA)