Der Meinl-Mohr am Wiener Graben: Das traditionsreiche Unternehmen geht durch eine schwierige Phase.

Foto: Standard/Matthias Cremer
In der Affäre um umstrittene Aktienrückkäufe beim Immobilien-Investor Meinl European Land gibt es Widersprüche bezüglich der Eigentümerstruktur. Die Meinl-Tochter Tshela ist als Großaktionär verschwunden. Internationale Rating-Agenturen werden bereits auf Meinl European Land aufmerksam und prüfen eine Herabstufung.

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Wien – Kein Tag ohne Meinl-Enthüllungen. Am Mittwoch wurden neue Ungereimtheiten über die Eigentümerverhältnisse bei Meinl European Land (MEL) bekannt, die unter weit größerem Einfluss der Meinl Bank stehen dürfte als bisher angenommen. Über den Umweg Aruba und die dort angesiedelte Tshela Holding (Tshela ist ein afrikanischer Vorname und bedeutet laut Wikipedia "Kind, das mit den Füßen zuerst geboren wurde", Anm.) hielt die Meinl Bank lange jene 150 Millionen Stück "partly paid shares" an MEL, die ein Drittel der Stimmrechte sicherten.

Bis 2005 war Tshela 100-Prozent-Tochter der Meinl-Bank. Aus dem Geschäftsbericht 2006 verschwand auf der Homepage der Bank wie berichtet unerklärlicherweise jene Seite 54, auf der die Beteiligungen der Bank angeführt waren. der Standard fand die fehlende Seite. Darauf ist Tshela nicht mehr vermerkt. Laut MEL-Börseprospekt zur Kapitalerhöhung im Jänner 2007 ist Tshela jedoch nach wie vor als Eigentümer der 150 Mio. Aktien angegeben (war aber offenbar keine Meinl-Tochter mehr). Die Meinl Bank – sie hat einen MEL-"Managementvertrag" – hatte zuletzt behauptet, die Aktien an europäische institutionelle Anleger verkauft zu haben. Die Frage ist nach wie vor: Wer kontrolliert MEL (nach den massiven Rückkäufen eigener Aktien) eigentumsrechtlich und wer müsste für Konsequenzen aus der jüngsten Affäre geradestehen?

CA-IB-Analyst Alfred Reisenberger betonte, MEL müssen in Hinblick auf die Einhaltung der Publizitätsvorschriften "alle Zweifel ausräumen". Auch die Wiener Börse kommt unter Druck: Ihren Statuten zufolge können nur Stammaktien in den ATX Prime gelangen, von MEL werden Zertifikate gehandelt. Der umstrittene Rückkauf könnte jetzt Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit des Unternehmens haben. Die weltgrößte Kredit-Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) prüft in ihrer Langfristig-Prognose die Rückstufung der Bonität auf "Junk"-Status. Bisher ist MEL von S&P langfristig mit "BBB" und kurzfristig mit "A-3" eingestuft. Nach der "unerwarteten Erklärung des Aktienrückkaufs für 1,8 Mrd. Euro" habe man das Unternehmen jetzt auf die Liste "CreditWatch mit negativer Implikation" gesetzt, erklärte ein S&P-Kredit-Analyst. Die Aktie stürzte daraufhin rund zehn Prozent ab.

Das juristische Gutachten des Wirtschaftstreuhänders Philip Göth (Deloitte&Touche, Schweiz, der Konzern ist auch Wirtschaftsprüfer der Meinl Bank) für MEL attestierte gleichsam Mündelsicherheit, heißt es – tatsächlich ist das differenzierter zu sehen._Das Gutachten beschäftigte sich mit der Frage, ob MEL-Papiere "mündelsicheren" Portfolios beigemischt werden dürfen. Laut Gesetz darf ein Richter eine entsprechende Veranlagung in solchen Papieren genehmigen, "wenn sie den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht". Laut Papier ist das bei den MEL-Papieren der Fall – "Garantien" oder Zusagen, was die "künftige Werthaltigkeit des Investments" betreffe, stellt das Gutachten aber nicht dar.

Dass dieses Gutachten ausgerechnet von einem Mitglied des Generalrats der Notenbank (die für die Vorortprüfungen zuständig ist) erstellt wurde, wird in der OeNB "nicht als inkompatibel" gesehen. Der Generalrat, in dem auch Banker wie Ewald Nowotny oder Walter Rothensteiner sitzen und in den Göth 2004 von der Regierung entsandt wurde – beschäftige sich "nie mit Einzelbankfragen", das sei Sache der FMA. Die wiederum weist Vorwürfe, den MEL-Prospekt genehmigt zu haben, zurück. Die FMA habe zu prüfen, ob die Angaben des Emittenten vollständig und stimmig sind. Verantwortlich seien Emittenten und Wirtschaftsprüfer. (bpf, gra, szem, as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 06.09.2007)