Wien – Weitere dunkle Wolken über Meinl European Land. Im Rahmen der Entwicklungen nach den massiven Aktienrückkäufen des Unternehmens und rund um die immer noch unklaren Eigentumsverhältnisse (wer die 150 Mio. Stück "Partly Paid Shares" samt damit verbundenen Stimmrechten hält, ist unbekannt) ist auch die Wiener Börse unter Druck geraten. Sie hat diese Woche ein Rechtsgutachten bei Susanne Kalss, Professorin für Bügerliches Recht und Handelsrecht an der Wiener Wirtschaftsuniversität, in Auftrag gegeben – und dessen Ergebnisse sind eindeutig.

Das Börsengesetz mit seinen Vorschriften zur Offenlegung und Ad-hoc-Publizität gilt laut Gutachten nicht nur für österreichische Gesellschaften, sondern für jeden Emittenten, der in der Wiener Börse (in den beiden obersten Segmenten ATX und ATX-Prime) zugelassen wurde. Also auch für die MEL, die ihren Firmensitz in Jersey hat, aber ihre Zertifikate an der Wiener Börse notiert hat.

Zur Publizität verpflichtet

Konkret beschäftigt sich das Gutachten mit zwei Fragen: Ist der Emittent, der Aktien nicht direkt an der Wiener Börse handelt, sondern über Zertifikate, zur gleichen Offenlegung verpflichtet wie ein Aktienemittent? Ja, keine Frage, so die Beurteilung der Juristin in dem Gutachten, das ergebe sich explizit aus § 81 a des Börsegesetzes. Gesetzlich vorgeschrieben ist daher die Veröffentlichung der Jahres- und Halbjahresberichte und – was wohl von besonderer Bedeutung ist, auch für den Kauf und Weiterverkauf der Partly Paid Shares – für die Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse, die Meldungen bei bestimmten Schwellenwerten ab fünf Prozent vorsieht.

Bejaht wird auch die Ad-hoc-Publizität. Auch dieser Pflicht zur sofortigen Mitteilung von kursrelevanten Informationen unterliege die Gesellschaft, ist im Gutachten nachzulesen. Das ergibt sich so zu sagen aus der Systematik des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers, dem es eben um größtmögliche Publizität und Transparenz in den oberste Segmenten des Börsenhandels geht.

Personelle Verbindungen

Mit der Frage, ob die MEL gegen diese Bestimmungen verstoßen hat, beschäftigt sich das Gutachten allerdings nicht – die Juristin war nur mit der Frage befasst, ob die österreichischen Bestimmungen grundsätzlich anzuwenden sind. Mit der Frage des Verstoßes (ein solcher setzt unter anderem voraus, dass es Insiderinformationen gab) beschäftigt sich die Finanzmarktaufsicht – auch die dortigen Juristen sollen der Rechtsmeinung sein, dass die Vorschriften des Börsegesetzes auch für die Meinl-Gesellschaft gelten.

Nicht gerade erleichtert werden die Ermittlungen der FMA durch die personellen Verbindungen: Vorstand Heinrich Traumüller wurde dort während der Amtszeit von Karl-Heinz Grasser als Finanzminister installiert. Grasser ist jetzt für die Meinl International Power tätig und ein enger Vertrauter von Julius Meinl V., mit dem er auch Bootsausflüge in der Adria genoss. Traumüller fungierte – ebenso wie Grassers Pressesprecher Manfred Lepuschitz – als Staatskommissär in der Meinl-Bank-Gruppe. Die FMA war bereits wegen des engen Informationsaustauschs mit Grasser in der Bawag-Affäre in die Kritik geraten. (Renate Graber, Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.9.2007)