Wien – Im Ausland zukaufen ist ein Geschäft, das stark zunimmt. Solche "Cross-Border-Akquisitions" – also grenzüberschreitende Übernahmen – werden derzeit vor allem von amerikanischen Mittelstandsunternehmen angestrebt. "Es ist der steigende Bedarf, auch im Ausland aktiv zu sein, der solche Deals fördert", sagt Dan Verroney, Vorstand von ACG International.

Trend hält an

47,5 Prozent der weltweiten Übernahmen im ersten Halbjahr 2007 haben im Ausland stattgefunden. Weltweit wurden in diesen sechs Monaten 2,7 Billionen US-Dollar (1,96 Mrd. Euro) investiert, das sind 67 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, wie aus einer Studie hervorgeht, die der Netzwerkverein ACG mit der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Grant Thornton und Eureka Private Equity durchgeführt hat. "Dieser Trend wird weitergehen", zeigt sich Verroney im Gespräch mit dem STANDARD überzeugt. Der Marktplatz sei global geworden, neue Märkte, wie China und Indien, würden neue Absatzmärkte und damit viele Chancen mitbringen.

"Es ist viel Geld da, Investoren suchen gezielt nach Übernahmekandidaten", sagt Verroney. Die Finanzkrise, die durch die Vergabe von Krediten an Personen mit geringer Bonität in den USA ausgelöst wurde, beeinträchtige die Übernahmeaktivitäten noch nicht. 72 Prozent der 200 befragten Banken, Private-Equity-Unternehmen, Anwälte und Berater sagten, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten in zumindest eine grenzüberschreitende Übernahme involviert waren – und 70 Prozent erwarten, in den kommenden zwölf Monaten so eine Übernahme durchzuführen.

Amerika, China und Deutschland gehören zu jenen Ländern, die der Studie zufolge derzeit die attraktivsten Übernahmekandidaten haben. Durch die Vernetzung via Technik ist es leichter geworden, Due-Diligence-Prüfungen durchzuführen. Abschlüsse könnten somit vertraulicher als bisher realisiert werden.

Kultur ist wichtig

Ein Faktum dürfe man bei grenzüberschreitenden Übernahmen aber nie vergessen, erklärt Verroney – die Kultur des anderen Landes. So müsse man im Mittleren Osten seine Geschäftspartner mehrmals treffen, bevor man überhaupt über Geschäftliches sprechen kann. In Russland müsse man viel Wodka trinken, und in China dürfe es einen nicht wundern, wenn man die Familie des Unternehmens-Chefs kennen lernt. Die vielen erfolgreichen Übernahmen in Osteuropa durch österreichische Unternehmen seien auch deswegen möglich gewesen, "weil man ein Verständnis für die verschiedenen Kulturen gezeigt hat und mit den jeweiligen Marktstrukturen umzugehen wusste", erklärt Christine Catasta, ACG-Präsidentin und Partner beim Wirtschaftsprüfer PriceWaterhouseCoopers Österreich.

Mit Abwehraktionen von Ländern, die ihre Unternehmen nicht ans Ausland verkaufen wollen, sei man im Bereich Mittelstand jedenfalls nicht konfrontiert. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.9.2007)