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Man wird der RAF-Dokumentation von Stefan Aust und Helmar Büchel, deren zweiter Teil am Montag sogar als Hauptabendknüller in der Primtime der ARD lief, eine gewisse Hochachtung nicht versagen können.

Die Bilderchronik des "Deutschen Herbstes 1977" wurde mit neuen Erkenntnissen wohlabgewogen abgeschmeckt. Die RAF-Häftlinge unterhielten im Stammheimer Gefängnis einen regen Informationsaustausch. Man konnte Waffen tatsächlich in Leitzordnern unbehelligt in den Hochsicherheitstrakt hineinschmuggeln. Die Gefangenen wurden aller Wahrscheinlichkeit nach erkennungsdienstlich observiert, und die meisten Beteiligten, darunter viele wackere badenwürttembergische Beamte, stritten ihr einschlägiges Wissen unter Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht ungerührt ab.

Was nach wie vor fehlt, wäre der Versuch einer zusammenhängenden Erzählung: Der deutsche Terrorismus gehört eben nicht exkulpiert. Es wäre nur sinnvoll, seine Voraussetzungen anders zu beleuchten denn "mentalitätspolitisch".

Das popkulturelle Erbe der Figuren Baader und Ensslin mag zur ehemals attraktiven Opfermystik der ersten RAF-Generation beigetragen haben. Die Idee, sich auf Peter-Jürgen Boock als zerknirschten Hauptzeugen zu verlassen, untergräbt jeden Versuch einer politischen Zuschreibung. Dass "antiimperialistischer Kampf" gemeint war, der sich im Terror gegen (unbeteiligte) Menschen entlud, hilft erst, die Verblendung und Selbstbefangenheit der Mörder zu begreifen. (poh/DER STANDARD; Printausgabe, 12.9. 2007)