Der 1995 gegründete steirische Spielehersteller JoWood hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Hoch bejubelt beim Börsengang im Jahr 2000, stand das Unternehmen Jahre später zweimal kurz vor der Insolvenz. Im Dezember 2004 trat der Aufsichtsrat geschlossen zurück, kurz darauf wurde eine Gewinnwarnung herausgegeben und JoWood-Gründer und Vorstand Andreas Tobler verließ das Unternehmen.

"Wir verfügen über eine gute Liquidität"

Albert Seidl (35), zuvor bei JoWood-Aktionär Capital Bank tätig, wurde Anfang 2005 neuer Vorstandschef. Nach mehr als zweieinhalb Jahren am Ruder ist er überzeugt, das Unternehmen wieder auf den richtigen Kurs gebracht haben. "Im ersten Halbjahr 2007 stieg der Umsatz um 51 Prozent auf 11,9 Mio. Euro, die Gewinnmarge stieg auf 15 Prozent, unsere Eigenkapitalquote liegt bei 65 Prozent, und wir verfügen über eine gute Liquidität", zählt er beim Gespräch mit dem Standard die harten Fakten auf.

Dass diese allein noch kein echtes Revival - insbesondere an der Börse - rechtfertigen, ist ihm bewusst: "Man kann es keinem Aktionär verübeln, der sich schon einmal verbrannt hat, dass er skeptisch ist, das muss man respektieren". Auch er musste lernen, dass man "eine nachhaltige Glaubwürdigkeit nicht so schnell gewinnt, wie man abstürzt". Das alte Management habe verbrannte Erde hinterlassen, für die er als Prügelknabe habe herhalten müssen, rechnet er mit der Vergangenheit ab.

Gute Entwicklung

Die aktuelle gute Entwicklung des Unternehmens führt Seidl darauf zurück, "dass wir sehr kaufmännisch wirtschaften, gute Spieletitel in der Pipeline und auf dem amerikanischen Markt Fuß gefasst haben". Letzteres gelang JoWood durch die Übernahme des kanadischen Spieleverleger DreamCatcher Ende 2006, der über Aktientausch finanziert wurde. Rund 40 Prozent des Umsatzes, Tendenz steigend, werde bereits in Nordamerika lukriert, wo die Spiele in großen Retailketten wie Wal-Mart in den Regalen stehen. Der Großteil davon allerdings noch DreamCatcher-Angebote, gibt er auf Nachfrage zu, nach und nach werde man auch JoWood-Spiele wie Die Gilde, die Gothic-Reihe, SpellForce oder Panzer Elite Action dort platzieren können.

Auch wenn der amerikanische Markt immer bedeutender für das Unternehmen werde, sieht Seidl in Europa nach wie vor "schöne Expansionsziele", vor allem im Osten, wo amerikanische Hersteller noch kaum mit eigenem Vertrieb vertreten seien. Schwerpunkt sei zunächst Rumänien, wo JoWood seit zwei Jahren ein Tochterunternehmen hat. Aber auch in Polen, Ungarn oder Russland gebe es bereits "viel Geschäft".

"Fehleranfällige" PC-Rollenspiele

Überwunden scheinen auch die Troubles um das "fehleranfällige" (Seidl) PC-Rollenspiel "Gothic 3", "Gothic 4" werde 2009 auf den Markt kommen, kündigt der JoWood-Chef an. Die Handyversion von Gothic 3 soll Anfang kommendes Jahr verfügbar sein. Weitere "mobile games" sollen folgen.

Ausbauen will man auch die Schiene für Konsolenspiele, allerdings nur für Microsofts XBox/360 und Nintendos Wii, für die zum Beispiel das aus der DreamCatcher-Schmiede hervorgegangene Krimiabenteuer "Agatha Christie: Und dann gab's keinen mehr" zu Weihnachten in die Läden kommen soll. Ebenso soll der Markt für elektronische Familien- und Brettspiele forciert werden.

In "einiger Zukunft" kann Seidl sich eine Übernahme der JoWood vorstellen. "Diese Option sollte immer offen sein, schließlich wollen die Aktionäre verdienen". Zuvor müsste man jedoch noch einige Wachstumschübe hinkriegen.(Karin Tzschentke, DER STANDARD Printausgabe, 12. September 2007)