Innenminister Plattner bei der Pressekonferenz mit dem Direktor für öffentliche Sicherheit Ernst Buxbaum.

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Wien - Die drei Personen, die am Mittwoch in Wien in Zusammenhang mit einem im März veröffentlichten islamistischen Drohvideo gegen Österreich festgenommen worden sind, wurden am Donnerstag von der Polizei weiter einvernommen. Am Nachmittag sollten die Verdächtigen in das Wiener Landesgericht überstellt werden, sagte Rudolf Gollia, Sprecher von Erik Buxbaum, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit.

Betreiber islamistischer Website

Am Donnerstag wurden auch mehr Hintergründe bekannt: Der Hauptverdächtige, ein 22-jähriger österreichischer Staatsbürger mit Migrationshintergrund, war der Betreiber der Homepage der "Globalen Islamistische Medienfront" für den gesamten deutschsprachigen Raum. Die Plattform der Organisation wurde vor allem dazu genutzt, Propaganda-Videos, Botschaften und Nachrichten von Al-Kaida und ihr nahestehenden Gruppen zu verbreiten. Selbst Terroranschläge hat die Gruppe bisher nicht durchgeführt.

Kein Anschlag geplant

Den drei Verdächtigen wird vorgeworfen, den Versuch unternommen zu haben, die Regierung mit einer Drohbotschaft per Video zu nötigen und eine terroristische Vereinigung zu unterstützen. Die drohende Strafe, wenn sich der Verdacht erhärtet: bis zu zehn Jahre Haft. Unmittelbar war jedoch kein Anschlag geplant, wie die Durchsuchung des bei den Hausdurchsuchungen sichergestellten Computers bestätigte. Zwar dürfte sich der 22-Jährige mit anderen Benutzern der Plattform über Waffen und Sprengstoff ausgetauscht haben, es wurden allerdings keinerlei Waffen gefunden.

Fest steht aber, dass der Hauptverdächtige im Jahr 2003 in den Irak gereist ist. Über die Hintergründe des Aufenthalts wollte das Innenministerium vorerst nichts gekannt geben.

Technisch überwacht

Das Trio war schon länger auf dem Radar der heimischen Staatsschützer, wie Innenminister Günther Platter (ÖVP) am Mittwoch bestätigte. Mit technischen Überwachungsmaßnahmen war man den Verbindungen zur Al-Kaida auf die Spur gekommen. Wie diese Verbindungen konkret ausgesehen haben, wollten Platter und Buxbaum allerdings nicht verraten. Offenbar hatte die kleine Gruppe sich aber über "Techniken und Möglichkeiten" ausgetauscht. Für den Innenminister sind sie quasi "Franchisenehmer der Al-Kaida".

"Jedes Land, das Truppen in Afghanistan hat, ist Teil der Allianz", sagte der vermutliche Hauptverdächtige in einem Interview mit dem ORF-"Report", das im Frühling aufgenommen wurde und die ZIB 24 in der Nacht auf Donnerstag erneut ausstrahlte. "Wir wollen auf unsere Art und Weise Anschläge verhindern. Der einzige Weg ist, dass Regierungen ihre Truppen aus Afghanistan zurückziehen", sagte der Mann, der sein Gesicht mit einem Tuch verhüllte.

Die drei Arbeitslosen, einer von ihnen lebt im 15. Wiener Gemeindebezirk, sollen jenes Video erstellt haben, das am 9. März 2007 im Internet aufgetaucht ist. Die Drohbotschaft an Österreich und Deutschland ist von der extremistischen Institution "Stimme des Kalifats" (Voice of Caliphate) veröffentlicht worden, die ursprünglich als "Medienplattform" des Terrornetzwerks Al-Kaida galt.

Der mutmaßliche Hauptverdächtige betonte in dem "Report"-Gespräch, dass die Mitglieder seiner Gruppen "ein Leben so wie jeder andere" hätten. Unter ihnen seien Studenten, Schüler und auch Berufstätige. Die Aktivitäten in der Gruppen seien "unsere zweite Arbeit", so wie andere neben dem Beruf ein Hobby hätten. "Doch bei uns ist es nicht wie ein Hobby, es ist unsere Pflicht."

Zusammenhänge zwischen den offenbar jüngst in Deutschland vereitelten Attentaten islamistischer Extremisten und den drei Kindern von Zuwanderern aus dem islamischen Raum habe es jedoch nicht gegeben, beteuerte Platter. Auch der Zeitpunkt der Festnahme und der insgesamt vier Hausdurchsuchungen habe nichts mit einem bevorstehenden Anschlag zu tun. Es sei einfach der beste Zeitpunkt zur Beweissicherung gewesen.

Im Vorfeld gab es aber durchaus umfangreiche Kooperationen mit ausländischen Behörden. Nicht nur die deutschen Terrorfahnder brachten ihre Expertise ein, auch andere, nicht näher genannte Institutionen sollen Erkenntnisse an die heimischen Staatsschützer übermittelt haben. Ob dabei ein Informationsleck entstanden ist, steht noch aus: Fix ist, dass die Infoillustrierte News vorab von dem Festnahmetermin wusste.

Zulauf zu Terrornetz

Auch Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, hatte am Mittwoch behauptet, dass die Zahl der Sympathisanten des Terrornetzwerks Al Kaida in Österreich in den vergangenen Wochen "massiv zugenommen" habe. Muzicant berief sich dabei auf Informationen aus der Polizei. Er sprach sich in diesem Zusammenhang für eine "Revision" der Politik gegenüber den Muslimen aus. Deren Führer sollten stärker in die Pflicht genommen werden, die Sympathisanten der Terroristen zu bekämpfen. (APA/DER STANDARD, Printausgabe, 13.9.2007)