Moskau - Wenige Monate vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine seiner letzten großen Personalrochaden vorgenommen und gleichzeitig das monatelange Rätsel gelöst, wer denn die Vorbereitungen für die Olympischen Spiele 2014 im südrussischen Sotschi leiten werde. Für den Sportfanatiker Putin sind die Spiele ein Herzensanliegen, das er zum nationalen Großprojekt erklärt hat. Mit Semjon Wainstok hat der Präsident einen in Großprojekten erfahrenen Manager gekürt. Acht Jahre lang hatte dieser das Monopol Transneft, das das gesamte russische Ölpipelinenetz kontrolliert, geleitet. Der 59-jährige Ölspezialist hatte zuletzt kein Hehl daraus gemacht, sich aus dem Ölsektor zurückziehen zu wollen.

Für Wainstoks neue Tätigkeit werden in den nächsten Tagen die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Konkret geht es darum, eine eigene staatliche Gesellschaft zur Entwicklung des olympischen Gebietes zu gründen und ihr die Oberaufsicht über die für Olympische Spiele beispiellose Summe von 12,5 Milliarden Dollar zu übergeben. 60 Prozent des Geldes kommen aus der russischen Staatskasse, der Rest von privaten Investoren, sprich den Oligarchen Oleg Deripaska (Konzern "Basel") und Wladimir Potanin (Konzern "Interros"). Dass es einer eigenen staatlichen Gesellschaft zur Umsetzung bedarf und das Nationale Olympische Komitee für ein Projekt dieses Ausmaßes nicht ausreicht, hatten Beraterteams dem russischen Wirtschaftsministerium empfohlen. Dieses selbst zeigte bis zuletzt keine Freude mit einer neuen Megastruktur, da sie als Koordinationszentrum zwar mehr Flexibilität und Effizienz, aber auch die Gefahr der Intransparenz in den Geldflüssen bringe. Ohnehin befürchtet man in Russland, dass beim notorischen Korruptionssumpf beträchtliche Gelder für Sotschi in dunklen Kanälen verschwinden würden. In ersten Reaktion wird gerade Wainstok als ideale Besetzung gegen den Missbrauch bezeichnet.

Die Schaffung von staatlichen Großgesellschaften wurde in den letzten Jahren zur Mode, die derzeitigen fünf (darunter etwa für Nanotechnologie oder Rüstung) wurden unter die Oberaufsicht von Putins engsten Vertrauten gestellt.

Für den Anfang wird Wainstoks Gesellschaft für Sotschi zu den kleineren im Land gehören. Experten schätzen jedoch, dass sie sich im Laufe der Jahre zu einem Riesenkonstrukt auswachsen wird. Die Ausgaben für Sotschi werden sich mindestens verdoppeln, meint der Analyst der russischen Consultingagentur FBK, Igor Nikolajew. (Eduard Steiner, Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.09.2007)