Die Ölminister werden sich ins Fäustchen lachen. Da beschließt die Herrenrunde am Dienstag, die Förderhähne aufzudrehen und die Märkte ab November mit zusätzlich 500.000 Fass Rohöl (je159 Liter) am Tag zu versorgen. Die Entscheidung erfolgt mit Bauchweh, weil die meisten denken, die Preise würden einbrechen. Und was passiert? Der Ölpreis hat mit über 80 Dollar einen neuen Rekordstand erreicht.
Verkehrte Welt. Normalerweise wird eine Ware billiger, wenn es mehr davon gibt. Aber auf den Ölmärkten ist schon lange nichts mehr normal. Ein Anschlag wie Anfang der Woche auf Öl- und Gasleitungen in Mexiko genügt, um auch Nordseeöl zu verteuern. Man kann das Hypernervosität nennen oder Spekulation. Beides ist richtig, beides wirkt Preis treibend.
Lange, zu lange war die (westliche) Welt an tiefe Ölpreise gewöhnt. Selbst die Ölpreisschocks in den 1970-er Jahren waren nur ein Intermezzo, wenn auch ein unangenehmes. Erstmals wurde den Menschen bewusst, wie abhängig die Industrie, wie abhängig sie selbst vom Gold des Nahen Ostens sind. Öl sprudelte nachher wieder im Überfluss und es ist nicht lange her, dass ein Fass um zehn Dollar zu haben war.
Das ist vorbei und auch gut so. Hohe Ölpreise erleichtern Maßnahmen, die zu einem effizienteren Umgang mit Energie führen. Wird weniger Öl verbrannt, gelangen weniger Schadstoffe in die Atmosphäre. Eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ölverbrauch ist zumindest in der westlichen Welt schon teilweise gelungen. Die große Herausforderung ist es nun, auch Ländern mit einem gewaltigen Öldurst wie Indien und China mit effizienten Technologien zur Seite zu stehen. Erdöl ist kostbar, weil Komponenten davon auch in Chemie und Pharma nützlich sind. Mögen die Scheichs auch noch so viel lachen: hohe Ölpreise sind von Vorteil für die ganze Welt. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.09.2007)