Brüssel - Der Europäische Gerichtshof hat das oberösterreichische Gentechnik-Anbauverbot endgültig gekippt. Ein von der Bundesregierung unterstützter Einspruch des Landes gegen die Aufhebung des Anbauverbotes wurde am Donnerstag zurückgewiesen. Damit ist klar, dass das 2002 verhängte Anbauverbot für gentechnisch veränderte Organismen in Oberösterreich nicht in Kraft treten kann.

Die EU-Kommission hatte dieses Anbauverbot abgelehnt, wogegen die Landesregierung beim Europäischen Gerichtshof Nichtigkeitsklage einlegte. Im Oktober 2005 wurde die Berufung in erster Instanz jedoch abgewiesen - unter anderem, weil keine neuen wissenschaftlichen Argumente für das Anbauverbot vorgelegt wurden. Gegen dieses Urteil erhob Oberösterreich, unterstützt von der Republik Österreich, Nichtigkeitsbeschwerde. Auch dieses Rechtsmittel wurde nun vom EUGH zurückgewiesen.

In ihrer Nichtigkeitsklage haben Oberösterreich und Österreich geltend gemacht, dass sie im ersten Verfahren unzureichend angehört wurden. Grund: Die Kommission stützte sich bei der Ablehnung des beantragten Anbauverbotes auf eine Stellungnahme EU-Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA), gab den Österreichern aber keine Gelegenheit, sich dazu neuerlich zu äußern. Dies war laut dem EUGH-Urteil aber zulässig, weil die Kommission in derartigen Fällen laut EG-Vertrag nicht zur neuerlichen Anhörung des Mitgliedsstaates verpflichtet ist.

Argument der "kleinräumigen Struktur"

Außerdem machten Oberösterreich und Österreich geltend, dass das Gericht den Begriff des "spezifischen" Problems für einen Mitgliedsstaat falsch ausgelegt habe. Oberösterreich hatte das Gentechnik-Verbotgesetz nämlich mit der Besonderheit der regionalen Landwirtschaft begründet, die ein Nebeneinander von traditioneller und Gentechnik-Landwirtschaft wegen der kleinräumigen Struktur und dem hohen Bioanteil in Oberösterreich gar nicht ermögliche.

Hintergrund: Laut Artikel 95 EG-Vertrag kann ein EU-Mitglied unter bestimmten Bedingungen vom EU-Recht abweichende Gesetze erlassen, wenn sie dem Schutz der Umwelt (oder der Arbeitsumwelt) dienen und wenn dafür "neue wissenschaftliche Erkenntnisse" vorgelegt werden können. Nach Ansicht der EFSA fehlten allerdings die neuen Erkenntnisse: Oberösterreich konnte demnach nicht nachweisen, dass es über ein "ungewöhnliches oder einzigartiges Ökosystem" verfügt, das für den Anbau von gentechnisch manipuliertem Saatgut eine strengere Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern würde.

Prozesskosten für Österreich

Stattdessen habe Oberösterreich lediglich die kleinbetriebliche Struktur der Landwirtschaft unterstrichen und die Bedeutung der ökologischen Landwirtschaft im Land Oberösterreich betont, heißt es im Urteil des EUGH. Und: "Nach Auffassung des Gerichts sind die von den Rechtsmittelführern vorgebrachten Erwägungen wegen ihres allgemeinen Charakters nicht geeignet, die konkreten Beurteilungen zu erschüttern, die in der streitigen Entscheidung enthalten sind."

Der EUGH geht daher nicht davon aus, dass das EU-Gericht erster Instanz bei der Abweisung der oberösterreichischen Klage einen "Rechtsfehler" begangen hat. Die Luxemburger Richter wiesen die Berufung gegen dieses Urteil folglich zurück. Die Prozesskosten müssen das Land Oberösterreich und die Republik Österreich tragen.

Kdolsky: "Verteidigen Importverbote"

Man habe das Urteil grundsätzlich erwartet, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (VP). Importverbote für drei Mais- und eine Rapssorte seien aber nach wie vor aufrecht, diese wolle man auch verteidigen. Die EU versuche zwar regelmäßig, auch dagegen vorzugehen, vorerst würden die Verbote aber halten.

Die EuGH-Entscheidung gehe völlig in die falsche Richtung und sei verheerend für Österreich, so BZÖ-Umweltsprecher Veit Schalle. Er verwies "auf das Negativbeispiel Südamerika, wo Gentechnik-Anbau in großem Stil betrieben und die bäuerliche Struktur vollkommen ruiniert" werde. Es könne nicht sein, dass Österreich gezwungen werde, den Anbau von gentechnisch veränderten Lebensmittel zuzulassen. (APA)