Pristina/Berlin - Die Bevölkerung der südserbischen Provinz Kosovo wählt am Samstag ein neues Parlament und möglicherweise damit auch die Regierung für die Zeit nach einer Loslösung von Serbien. Viel deutet darauf hin, dass Ex-Untergrundkämpfer Hashim Thaci neuer Ministerpräsident wird, Amtsinhaber Agim Ceku tritt nicht mehr an. Thaci zeigt sich siegessicher. Seine Demokratische Partei des Kosovo (PDK) liegt Umfragen zufolge knappt vor der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) des verstorbenen Präsidenten Ibrahim Rugova, der lange die Galionsfigur der Unabhängigkeitsbestrebungen war. Experten gehen von einer Koalition der beiden Parteien aus.

Die Wahl findet weitgehend ohne die Beteiligung der 120.000 Serben im Kosovo statt. Die Regierung in Belgrad, die eine Unabhängigkeit des Kosovo ablehnt, hatte zu einem Boykott aufgerufen. Durch eine Teilnahme an der Wahl werde ein Parlament legitimiert, das damit drohe, die Unabhängigkeit von Serbien zu proklamieren, führt sie als Begründung an.

Wahlkampfthema Unabhängigkeit

Wichtigstes Thema des Wahlkampfes um die 120 Sitze im Parlament war eine international anerkannte Unabhängigkeit der Provinz, auf die alle Parteien gleichermaßen für die Zeit nach dem 10. Dezember hinarbeiteten, wenn die Kosovo-Troika aus Vertretern der EU, der USA und Russlands UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen Bericht vorlegen sollen. Platz für radikale Splittergruppen bleibe an diesen Punkt nicht, zumal die politischen Spitzen - nicht zu verwechseln mit der Regierung - durch regionale und verwandtschaftliche Zugehörigkeiten einen hohen Einfluss auf die Bevölkerung hätten, sagte Dusan Reljic von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

Innenpolitische Probleme - 60 Prozent Arbeitslosigkeit, kaum ausländische Investitionen und Korruption - wurden im Wahlkampf an die Eigenständigkeit geknüpft. Das Vertrauen der knapp zwei Millionen Kosovo-Albaner in ihre Regierung sei allerdings gering, was dies angehe, sagte Reljic. Bei den meist ehemaligen Untergrund-Kämpfern sei Bestechlichkeit und Gesetzesmissbrauch weit verbreitet. Lediglich 14 Prozent hätten sich in Umfragen zufrieden mit ihrer Führung gezeigt, 70 Prozent seien unzufrieden. Das Kosovo "ist weit davon entfernt, etwas mit einem normalen politischen System zu tun zu haben", betonte er.

Knappes Rennen um Bürgermeistersessel von Pristina erwartet

Die besondere Aufmerksamkeit der Parteien bei den Kommunalwahlen gilt dem Bürgermeisterposten in Pristina. Erstmals werden die Bürgermeister der 30 Gemeinden im Kosovo nämlich direkt gewählt. Die regierende Demokratische Liga (LDK) hat für Pristina Isa Mustafa, einen Wirtschaftsexperten und Universitätsprofessor, aufgestellt.

Für die führende Oppositionspartei, die Demokratische Partei (PDK), kandidiert Vizeparteichef Fatmir Limaj, ein ehemaliger Kommandant der "Kosovo-Befreiungsarmee" (UCK), die mit militärischen Mitteln für die Loslösung des Kosovo von Serbien kämpfte. Limaj wurde vom UNO-Kriegsverbrechertribunal angeklagt und im darauffolgenden Prozess freigesprochen.

Die pro-westliche Ora-Partei des Zeitungsverlegers Veton Surroi hat sich für Vizeparteichef Ylber Hysa als Bürgermeisterkandidaten entschieden. Der bekannte Menschenrechtler ist Mitglied des Verhandlerteams Pristinas bei den Kosovo-Gesprächen. (red/Reuters/APA/dpa)