Wien - Tausend Rosen zum Abschied: Der scheidende Chef der Energie Baden-Württemberg (EnBW), Utz Claassen, schlug auf seiner Abschiedstour in Wien versöhnliche Töne in Richtung des niederösterreichischen Energieversorgers EVN an: EnBW (steht zu 45 Prozent im Eigentum des französischen Atomstromgigangen EdF) habe vitales Interesse am österreichischen Strommarkt. Die Beteiligung an EVN (36 Prozent) sei ein langfristiges und nachhaltiges Engagement.

Auch das von Insidern als nicht friktionsfrei beschriebene Verhältnis zum EVN-Management sei vorbildlich, betonte der - ebenfalls scheidende - EnBW-Generalbevollmächtigte, EVN-Aufsichtsratsmitglied Amir Ghoreishi. Ob er sein Mandat im Kontrollgremium des niederösterreichischen Versorgers über die Hauptversammlung (HV) m Jänner hinaus behalten werde, sei mit der neuen EnBW-Führung zu besprechen.

Eine Abberufung wäre für den seitens EVN stets "als Finanzinvestor" bezeichneten Großaktionär EnBW allerdings nicht ohne Risiko. Denn bei einer allfälligen Nachwahl gibt es es kein Nominierungsrecht eines Minderheitsaktionärs, es zählt nur, ob der Kandidat eine einfache HV-Mehrheit bekommt.

Keine Aussicht auf Aktienmehrheit

Aussicht auf eine Aktienmehrheit gibt es für EnBW bei EVN übrigens nicht, denn die 51-Prozent-Mehrheit des Landes ist im Verstaatlichtengesetz festgeschrieben. Das respektiere man, betonte Ghoreishi, der des weiteren betonte, dass das Verhältnis im Aufsichtsrat "vorbildlich" sei und es regelmäßig Gespräche und sogar Arbeitskreise zwecks Bearbeitung "strategischer Märkte" in Südosteuropa gebe. Welche diese Märkte genau sind, sagten weder Claassen noch Ghoreishi. Dafür betonten sie, dass ihnen die EVN-Expansion nach Bulgarien, Albanien und Mazedonien "Respekt abringe", weil dies ein "schwieriges Handwerk ist". Österreich sei einer der wichtigsten Kernmärkte, nicht nur wegen der Dividendenrendite, weshalb man neben EVN auch mit den Vorarlberger Illwerken und Tiroler Tiwag kooperiere. Ob Claassens Nachfolger ab 1. Oktober, E.ON-Manager Hans-Peter Villis das auch so sieht, bleibt abzuwarten. Aus Sicht der EVN hat sich der Aktienkauf über ein reines Finanzinvestment jedenfalls nicht hinausentwickelt. Über eine Partnerschaft in Osteuropa ist nichts bekannt. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.9.2007)