Wien – „Absolut untauglich“ nannte Justizministerin Maria Berger (SPÖ) den aktuellen Entwurf zur Verfassungsreform. Sie befürchtet, dass die Justiz in ihrer Unabhängigkeit gefährdet werde, sollte der Entwurf so umgesetzt werden.

„Es tut mir sehr weh, dass ich deren Arbeit kritisieren muss“, sagte Berger und meinte damit jene sechs Verfassungsexperten, die für den Entwurf verantwortlich zeichnen. Was Berger, die einst selbst im EU-Konvent an der europäischen Verfassung mitschrieb, besonders weh tut: Der Entwurf der Experten gehöre nicht nur „gründlich überarbeitet“, vielmehr gehe „das Misstrauen gegenüber der Justiz wie ein roter Faden durch den Entwurf“.

Sprechtage am Gericht

Kritik übt Berger insbesondere an der im Entwurf enthaltenen Einsetzung eines externen Justizanwalts. Dieser könnte, als Organ außerhalb der Justiz, bei laufenden Verfahren mitreden und würde so die „Unabhängigkeit der Gerichte verwässern“, warnt die Ministerin. Dem will sie nun mit eigenen Ombudsstellen zuvorkommen, die per Erlass mit November eingerichtet werden sollen und als unabhängige, justizinterne Stellen geplant sind. Untergebracht sollen diese in den Oberlandesgerichten werden. Mittelfristig soll es an allen Gerichten Sprechtage geben, die den Bürgern „dezentral“ und „leicht zugänglich“ bei Beschwerden zur Seite stünden.

Berger kritisierte auch, dass die Staatsanwälte einer parlamentarischen Sonderkontrolle unterzogen werden sollen. Dadurch würden diese rechtlich mit „Geheimdiensten gleichgestellt“. Berger sieht die Gefahr einer „Justiz light“ auch darin, dass im vorliegenden Entwurf die Verwaltungsgerichte von den so genannten „ordentlichen“ Gerichten getrennt werden sollen. Sie warnt vor einer „Zersplitterung“ und „Kantonalisierung“ der Gerichtsbarkeit. Als Folgen einer solchen Trennung befürchtet sie „unterschiedliche Standards“ bei den Gerichten. Schon jetzt seien nur „sehr niedrige Qualifikationen“ für die Arbeit in einem Verwaltungsgericht erforderlich. So brauche man etwa kein rechtswissenschaftliches Studium. Berger: „Wo Gericht auf der Tür steht, sollen aber echte Richter drinnen sein.“ (Lukas Kapeller/DER STANDARD, Printausgabe, 15./16.9.2007)