Fuschl – Die Einhaltung der Kioto-Ziele zur Stabilisierung der Welttemperatur dürfte Österreich weit teurer kommen als bisher gedacht. Darauf hat der Energieexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Stefan Schleicher, am Freitag bei einer Energiekonferenz des Verbund in Fuschl hingewiesen.

Im STANDARD-Gespräch unterstützte Schleicher einen Vorschlag von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, Rücklagen für drohende Strafzahlungen zu bilden. "Das ist eine super Idee", sagte Schleicher. Das Geld sollte in einem Topf konzentriert und für Investitionen zur Förderung der Technologiewende eingesetzt werden.

"Lackmus-Test" für Klimafonds

Einen Energie- und Klimafonds hat die Regierung bereits beschlossen, die Geschäftsführung ist bestellt, ein Büro wird gesucht. Dazu meinte Schleicher: "Dieser Fonds ist derzeit mehr virtuell als real. Der Lackmus-Test wird sein, inwieweit wirklich frisches Geld hineinkommt und nicht nur bestehende Mittel ein zweites Mal durchgeschleust werden." Die Hoffnung, dass Österreich bei der Aufteilung der von den EU-Staats- und -Regierungschefs im März vereinbarten Reduktion der CO2-Emissionen um 20 Prozent bis 2020 günstig aussteigen könnte, dürfte ein frommer Wunsch bleiben.

Das Ringen um die endgültige Position beginnt im Dezember, die Richtung scheint indes schon klar. "Die neuen EU-Länder werden sagen, dass sie wirtschaftlich aufholen wollen und Länder wie Österreich werden dem wenig entgegenhalten können", sagte Schleicher. Schließlich stehe Österreich hinsichtlich Wohlstand um rund 30 Prozent besser da wie der Durchschnitt der EU-27. Der Pro-Kopf-Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) mache in Ländern wie Bulgarien oder Rumänien nicht einmal ein Fünftel des österreichischen BIP aus.

Hohe Strafzahlungen drohen

Für Österreich könnte das heißen, dass sich das Reduktionserfordernis bis 2020 auf 60 Prozent erhöht. Statt weniger (minus 13 Prozent) emittiert Österreich derzeit schon um 18 Prozent oder 25 Mio. Tonnen CO2 mehr als in Kioto vereinbart. Bei aktuellen Preisen für Zertifikate der zweiten Handelsperiode von 20 Euro je Tonne würde das Strafzahlungen in Höhe von 2,5 Mrd. Euro implizieren – Tendenz stark steigend. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.9.2007)